Der Bedarf an Logistik- und Distributionsflächen wächst proportional zu steigenden Bestellmengen im E-Commerce. Welche Möglichkeiten es gibt, Lagerplatz zu schaffen – ein Überblick.

Logistikimmobilien erfreuen sich aufgrund des Wachstums im Online-Handel einer steigenden Nachfrage. Mit jeder Umsatzmilliarde im Online-Handel wächst auch der Flächenbedarf, zeigen Studien: Hierzulande werden pro einer Milliarde Euro Umsatz rund 100.000 Quadratmeter Lagerplatz benötigt – das wären bis 2025 etwa gut vier Millionen Quadratmeter

Genug Lagerplatz zu haben, wird deshalb sowohl kurzfristig – etwa in Hinblick auf das Weihnachtsgeschäft – sowie auch langfristig für viele Händler immer relevanter. Verschiedene Tipps und Optionen, um die notwendigen Kapazitäten zu schaffen, stellen wir nachfolgend vor.

Lagerorganisation: Vorhandenen Lagerplatz optimal nutzen

Bevor man über das Anmieten oder den Kauf neuer Flächen nachdenkt, gilt es zunächst, den vorhanden Platz richtig zu nutzen. Denn jeder Quadratmeter mehr Grundfläche geht mit höheren Betriebskosten einher. Es sollte also zuallererst gemessen werden, wie viel Raum überhaupt zur Verfügung steht.

Vor allem Leerraum in der Höhe lässt sich mit passenden Lagersystemen oft besser ausnutzen. Das können etwa automatische Palettenlager oder aber Hochregale leisten. Durch Automatisierung bzw. robotergestützte Bedienelemente können sowohl die Effizienz als auch die Sicherheit beim Ein- und Auslagern erhöht werden. Nützlich ist es zudem, wenn Lagerböden hierbei in mehrere Ebenen aufgeteilt sind, sodass Güter unterschiedlicher Höhe Platz finden können. Einen Eindruck, wie ein automatisches Hochregallager aussehen kann, vermittelt beispielhaft das folgende Video des Intralgoistik-Technikers Gebhardt: 

Bei kleinteiligem Sortiment bzw. hoher Artikelvielfalt sind Mehrgeschossanlagen mit mehren Lagerbühnen eine Möglichkeit. Sie eigenen sich besonders, wenn wenig Bodenfläche zur Verfügung steht, es im Gegenzug aber viel Platz in die Höhe gibt. Die einzelnen Ebenen sind mit Treppen verbunden, das Picking erfolgt in diesem Fall manuell. Eingelagert werden kann dann auch je nach Umschlagshäufigkeit: Langsamdreher, also Produkte, die weniger häufig nachgefragt werden, lassen sich im oberen Geschoss, Schnelldreher indes im unteren lagern.

Auch Kompaktlager mit Shuttle, also einer automatischen Transportplattform, gelten als sehr platzsparend. Ein Beispiel ist das noch recht neue Kleinteillager von PSB, bei dem ein kleines Transportmodul auf verschiedenen Ebenen Waren automatisiert ein- und auslagert. Das Lager lässt sich in verschiedenen Maßen erstellen, Waren können einfach oder mehrfach hintereinander in Behältern von bis zu 65x45 cm Grundfläche und bis zu 70 Kilogramm Gewicht verstaut werden: 

Lageraufbau und Strategien für mehr Effizienz

Bereits beim Aufbau des Lagers sollte darauf geachtet werden, dass es verschiedene Bereiche für die unterschiedlichen Aufgaben gibt, damit das Lager übersichtlich bleibt und sich das Risiko, Sendungen zu verlieren, reduziert. Markierungen auf dem Boden helfen bei der Abgrenzung. Grundlegend sollte es folgende Bereiche geben: 

  • Wareneingang, ggf. mit separatem Bereich für Retouren
  • Kommissionierungslager
  • Verpackungsbereich mit Packtischen und Zwischenlager für Verpacktes 
  • Warenausgang

Auch strategisch kann im Lager nachgebessert werden. Grundlegend sollten sämtliche Güter nach festgelegten Regeln eingelagert und entnommen werden. Begrenzt haltbare Waren sollten ausschließlich nach den Prinzipien FeFo (First Expired – First Out) oder FiFo (First in – First Out, Durchlauflager) gelagert werden, d. h. Waren mit dem frühesten Ablaufdatum bzw. jene, Ware, die zuerst eingelagert wurde, muss auch zuerst wieder raus. Lagerwaren mit sehr unterschiedlichen Größen oder speziellen Anforderungen sollten feste Lagerplätze bzw. Lagerzonen zugewiesen werden. 

Bei der Einlagerung sollte der richtige Platz für Ware in mehreren Stufen gesucht werden, empfiehlt etwa Logistikdienstleister Logcontrol: Zunächst sollten Lagerplätze in Klassen nach Kriterien wie Größe und Höhe eingeteilt werden. Anschließend sollten einzelne Ladezonen danach gewählt werden, welche Waren gängig sind – z. B. eine Zone nahe am Packtisch für A-Artikel, für selten benötigte Ware (C-Artikel) eher Plätze oben/hinten im Regal wählen. Damit A-Plätze jedoch nicht geballt im Lager vorhanden sind und so zu Überlagerungen der Wege bei der Kommissionierung führen, lohnt sich auch eine automatische Einlagerungstrategie. Diese könne bis zu 30 Prozent Weg- und Pickzeiten einsparen, heißt es.

Nicht zu unterschätzen ist zudem die richtige sowie einheitliche Beschriftung der Lagerplätze, da dies für eine optimale Orientierung der Beschäftigten im Lager sorgt. Ausführliche Tipps zu diesem Thema gibt beispielsweise Pickware. 

Temporärer Lagerplatz: Leichtbau- oder Zelt-Lagerhallen

Wenn der eigene Platz nicht reicht und über einen begrenzten Zeitraum mehr Ware einzulagern ist, können Industriezelte oder Leichtbauhallen Abhilfe schaffen. Diese temporären Lagerräume können gekauft oder aber auch ausgeliehen werden – es gibt zahlreiche Anbieter am Markt. Während sich Zelte eher als kurzfristiger Wetterschutz eignen, gibt es sogar teil- oder vollisolierte Varianten. 

Lagerzelt innen
Lagerzelt (Symbolbild) / PanicAttack / Shutterstock.com

Je nach Typ benötigen sie auch nicht zwingend ein Fundament, sondern können auf Großflächenplatten, Asphalt, Pflaster oder teils auch auf Schotter aufgestellt werden.

Für die Aufstellung der Leichtbauhallen benötigt man eine Genehmigung des Bauamtes. Wenn es sich um eine temporäre Lösung handelt, kann die Halle als „Fliegender Bau“ gemäß DIN EN 13782 eingestuft werden. Das heißt, das Lager kann drei Monate und ggf. mit erneuter Genehmigung auch länger stehen, wenn nachgewiesen wird, dass sie definitiv wieder abgebaut wird. 

Flächen kurzfristig mieten

Um nicht selbst Lagerplatz errichten zu müssen, können Lagerhäuser bzw. deren Teilbereiche angemietet werden. So stellen einige Unternehmen Leerflächen für solche Zwecke bereit. Verschiedene Portale, sogenannte Lagerbörsen, erleichtern die Suche nach passenden Plätzen – teils sogar im Stil der Buchung einer Ferienwohnung. Dazu zählen beispielsweise Logivisor, Expozed1 oder Timocom.

Auf diese Weise erhalten Händler eine gewisse Flexibilität, denn die Plattformen sind darauf spezialisiert, vor allem bei kurzfristigem Lagerbedarf entsprechende Flächen ausfindig zu machen und ggf. auch nur kurzfristige Mietzeiten zu realisieren. 

Logistik outsourcen – Fulfillment-Anbieter nutzen

Nicht immer aber rentiert sich für kleine oder mittelständische Händler tatsächlich ein eigenes Lager, denn oftmals verlangen neben der Logistik die Kernbereiche des Tagesgeschäfts mehr Aufmerksamkeit. Dann kann es helfen, auf einen Fulfillment-Anbieter zurückzugreifen. 

Unternehmen müssen nicht zwingend die komplette Logistik auslagern, die Dienstleister übernehmen auch Teilbereiche. Wer sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzen möchte, kann den Fulfillment-Guide des Händlerbunds zurate ziehen, der auch einen Anbietervergleich enthält.