In einer Pressemitteilung empfiehlt der Deutsche Verkehrssicherheitsrat die Einführung des Lkw-Führerscheins mit 17. Die Herabsetzung der Altersbeschränkung zum Erwerb des Führerscheins von mindestens 18 auf 17 Jahre soll dem drohenden Nachwuchsmangel der Branche sowie die immer weiter steigenden Unfallzahlen bekämpfen. Dass 17-Jährige jetzt auf 40-Tonnen-Lkw die Branche wieder auf den Olymp heben sollen, ist aber eher zu bezweifeln.

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Knapp zwanzigtausend - das ist die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden, welche 2015 unter Beteiligung von Güterkraftfahrzeugen im Straßenverkehr verursacht worden. Dabei sei es “bedenklich, dass professionelle Berufskraftfahrer bei über der Hälfte der Unfälle die Hauptverursacher sind” so DVR-Präsident Dr. Walter Eichendorf. Die Gründe sind laut DVR die fehlende Fahrerfahrung und mangelnde Ausbildungsqualität der Berufskraftfahrer. Da das Risiko, einen Unfall zu verursachen, gerade bei Anfängern am höchsten ist, soll dem jetzt mit einer längeren Begleitphase während der Ausbildung entgegengewirkt werden. “Die jungen Fahrer könnten intensiver von der Berufs- und Fahrerfahrung ihrer Kollegen profitieren“ so der DVR-Präsident weiter.

Ein weiteres Problem, womit die Branche zu kämpfen hat, ist der Nachwuchsmangel. Immer mehr junge Menschen interessieren sich nicht mehr für den Beruf des Kraftfahrers. Die Gründe dafür sind laut DVR unter anderem das späte Einstiegsalter für den Lkw-Führerschein. Mithilfe dieser Regelung soll eine Herabsenkung der Altersgrenze von bisher mindestens 18 auf 17 Jahre ermöglicht werden. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat empfiehlt der Bundesregierung eine entsprechende Initiative, um “geeignete Jugendliche für die Ausbildung zum Berufskraftfahrer anzusprechen”.

Ein Lkw-Führerschein mit 17 löst gar nichts

Verkehrsexperten haben festgestellt, dass seit Einführung des Pkw-Führerscheins mit 17 die Unfallzahlen mit Beteiligung junger Fahrer um mehr als 20 Prozent gesunken sind. Das sind gute Nachrichten und lässt hoffen, dass der Lkw-Führerschein mit 17 genau dasselbe bewirkt. Schließlich hört man gefühlt jeden Tag im Radio, dass wieder ein Unfall mit einem Lkw passiert ist. Ein leider berühmtes Beispiel dafür ist die A4 bei Dresden. Aufgrund von Baustellen und hohem Verkehrsaufkommen zwischen Görlitz und dem Dreieck Nossen waren schwere Verkehrsunfälle mit Lkw in der Vergangenheit keine Seltenheit. In den meisten Fällen sind unangepasste Geschwindigkeit, aber auch zu dichtes Auffahren die Gründe dafür. Allerdings ist von jungen Fahrern in den Berichten keine Rede.

Laut einem Bericht des ARD-Magazins plusminus kommen 40 Prozent aller Lkw auf deutschen Autobahnen aus dem osteuropäischen Ausland. Mit der Tendenz, dass es in den nächsten Jahren immer mehr werden. Viele der osteuropäischen Lkw sind allerdings für deutsche Unternehmen unterwegs. Ein extremes Preisdumping durch die Auftraggeber und Spediteure, welche Kosten um jeden Preis senken wollen, treibt die Fahrer zum Äußersten. Teilweise sind sie wochen- oder monatelang unterwegs. Da sind Frust, Hektik, Überschreitungen der Lenkzeit und die damit verbundene Müdigkeit vorprogrammiert. Jetzt stellt sich die Frage: Löst der Lkw-Führerschein mit 17 jetzt genau dieses Problem? Sorgt er dafür, dass die Preise wieder steigen und die Arbeitsbedingungen besser werden? Wird es dann wieder sicher auf den Autobahnen? Alle drei Fragen kann man wohl getrost mit "Nein" beantworten. Der Initiative ist gut gemeint, aber sorgt im Fernverkehr nicht für weniger Unfälle. Dafür muss schon an anderen Schrauben gedreht werden und die sitzen nicht im Lkw.

Auf dem Boden der Tatsachen

Das bringt mich zu der zweiten These der Empfehlung. Mit der Initiative sollen junge Menschen angesprochen werden, sich für den Beruf des Kraftfahrers wieder zu interessieren. Aber seien wir mal ehrlich, die Zeit der Trucker-Romantik ist doch vorbei. Immer on tour, man sieht die schönsten Ecken, erlebt die tollsten Abenteuer wie Manfred Krug in der Fernsehserie “Auf Achse” aus den 80ern. Mitnichten, denn die Realität sieht anders aus - Termindruck, Preisdumping auf dem internationalen Markt, unregelmäßige Arbeitszeiten, niedrige Löhne, miese Parkplatzsituation und Staus auf den Autobahnen. Wieso sollten sich dann junge Menschen für diesen Beruf begeistern? Mit den bereits genannten Arbeitsbedingungen jedenfalls nicht.

Einrichtungen wie der Deutsche Verkehrssicherheitsrat sind wichtig, das möchte ich an dieser Stelle nicht kaputtreden. Sie nehmen Probleme auf, versuchen Lösungen zu finden, setzen sich für die Sparte ein und haben sogar häufig Erfolg. Dass das begleitete Fahren mit 17 etwas bringt, zeigen die Unfallzahlen und die sind aussagekräftig. Nur ist dieser Vorstoß in Zeiten, in der die Branche von Preisdumping geprägt ist, ein wenig sinnvolles Unterfangen. Die Branche braucht grundsätzlich völlig andere Ansätze. Deutsche Unternehmen, die diesen Abwärtstrend in der Kostenspirale derzeit vorantreiben, müssen endlich wieder umdenken. Natürlich möchte jeder in der Kette so kostengünstig wie möglich transportieren, aber sprichwörtlich gesagt: Zu welchem Preis?