Wahrheit um jeden Preis? Nein, denn das deutsche Recht kennt auch einige Beweisverwertungsverbote. Das bedeutet, dass in einem gerichtlichen Prozess nicht generell alle vorhandenen Beweise verwendet werden dürfen, weil deren Erhebung oder Verwendung gegen geltendes Recht verstößt. Soweit ersichtlich, ist nun die erste obergerichtliche Entscheidung zum Einsatz von Dashcams als Beweismittel ergangen.

Einsatz von Dashcams umstritten

Kraftfahrer, die tagtäglich unzählige Stunden auf deutschen Straßen verbringen und stets den Terminplaner im Nacken sitzen haben, können ein Lied davon singen. Verkehrsverstöße, insbesondere Geschwindigkeitsüberschreitungen gehören zum Alltag. In die Bredouille kommt man aber nur, wenn es jemand mitbekommt. Dabei werden die Möglichkeiten, solche Verstöße zu registrieren, immer raffinierter. Eine solche Möglichkeit ist der Einsatz von sog. Dashcams, die auf dem Armaturenbrett des Fahrzeuges angebracht sind und während der Fahrt Aufnahmen des Verkehrsgeschehens machen.

Allerdings sind der Einsatz und die spätere Verwendung der Videoaufnahmen nicht nur in Rechtsprechung und Literatur, sondern auch unter Datenschützern seit einiger Zeit stark umstritten.

Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zulässig

Zwar greifen die Dashcam-Aufnahmen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ein. Die Intensität und Reichweite des Eingriffs sei im konkreten Fall jedoch gering. Insbesondere betreffe ein Video, das lediglich Verkehrsvorgänge dokumentiere und mittelbar die Identifizierung des Betroffenen über das Kennzeichen seines Fahrzeugs ermögliche, nicht den Kernbereich seiner privaten Lebensgestaltung oder seine engere Privat- oder gar Intimsphäre. Im Rahmen der Abwägung seien zudem die hohe Bedeutung der Verfolgung schwerer Verkehrsverstöße für die Sicherheit des Straßenverkehrs und das Gewicht des Verstoßes im Einzelfall zu berücksichtigen.

In einem Bußgeldverfahren ein Video zu verwerten, das ein anderer Verkehrsteilnehmer mit einer „Dashcam“ aufgenommen hat, sei jedoch zulässig (Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 4. Mai 2016, Az.: 4 Ss 543/15). Dies gelte jedenfalls für die Verfolgung schwerwiegender Verkehrsordnungswidrigkeiten, wie eines Rotlichtverstoßes an einer seit mehr als sechs Sekunden rot zeigenden Ampel.

Zumindest für schwerwiegende Verkehrsverstöße sind die Aufnahmen einer Dashcam verwertbar. Wo hinsichtlich des Schweregrades die Grenze zu ziehen ist, werden erst die nachfolgenden Gerichte klären müssen. Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen. Immer noch sind sich die Gerichte nicht einig, ob die Aufnahmen überhaupt zulässig und verwertbar sind.