Eine Autofahrerin wollte an einem Müllwagen vorbeifahren. Dabei kollidierte sie mit einer Mülltonne.

Eine Pflegedienstmitarbeiterin wollte mit ihrem Dienstfahrzeug ein Müllfahrzeug passieren, welches mit eingeschalteten gelben Rundumleuchten sowie Warnblinkanlage auf der Straße stand. Schließlich kollidierte sie im Vorbeifahren mit einem Müllcontainer, den der Mitarbeiter hinter dem Müllfahrzeug quer über die Straße schob. Vor Kurzem musste der BGH klären, wer den Schaden verursacht hat und die Kosten hierfür tragen muss (Urteil vom 12.12.2023 - VI ZR 77/23).

Achtung! Mülltonne im Anflug

Der Pflegedienst, auf den das Fahrzeug zugelassen war, verlangte vom Zweckverband, der wiederum die Müllautos betreibt, Schadensersatz und klagte sich durch alle Instanzen. Das Gericht in der ersten Instanz legte zunächst eine Haftungsquote von 50 zu 50 fest. In der nächsten Instanz verschob sich das Ganze jedoch wieder zugunsten der Fahrerin und ihr wurde lediglich die allgemeine Mitschuld von 25 Prozent zugesprochen. Es sei keinerlei Verstoß gegen die StVO erkennbar, so die Begründung. Zu dem Ergebnis kommt auch der BGH.

Zwar sei Müllfahrzeugen gegenüber besondere Vorsicht geboten, heißt es vom BGH, denn andernfalls könnten diese ihre Tätigkeit nur schwer oder erheblich langsamer verrichten. Die Privilegierung dieser Einsatzwagen, die ihnen beispielsweise das Halten in entgegengesetzter Richtung erlaubt, befreie jedoch nicht vom allgemeinen Rücksichtnahmegebot im Straßenverkehr. Der Mitarbeiter der Müllabfuhr, der den Schaden verursachte, habe den besonders großen und schweren Müllcontainer hinter dem Müllwagen quer über die Straße geschoben, ohne auf den Verkehr und auf andere Fahrzeuge zu achten. Ihm legt der BGH daher den Hauptteil der Schuld auf, nämlich 75 Prozent. 

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Aber auch die Fahrerin des Pkws habe die übliche Teilschuld zu tragen, in dem Falle 25 Prozent. Wer an einem Müllfahrzeug vorbeifahre, das erkennbar im Einsatz sei, müsse sein Fahrverhalten entsprechend anpassen. Bei aller gebotenen Vorsicht bei der Vorbeifahrt an einem im Einsatz befindlichen Müllfahrzeug müsse aber nicht mit jedwedem Fehlverhalten der Müllwerker gerechnet werden. Das Fahren in Schrittgeschwindigkeit mit einem Sicherheitsabstand von zwei Metern, wie man es oft hört, sei nicht zwingend erforderlich. Maßgeblich seien die Umstände des Einzelfalls, beispielsweise die Sichtverhältnisse oder Ausweichmöglichkeiten.

Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme

Zusammenfassend bedeutet das Urteil des BGH also, dass beide Verkehrsteilnehmer Rücksicht aufeinander nehmen müssen und Pkws beispielsweise vorsichtig am Müllfahrzeug vorbeifahren sollten, damit weder das eigene Fahrzeug noch die Sicherheit der Mitarbeiter des Abfallunternehmens gefährdet werden. Letztere haben also ihrerseits eine Rücksichtnahmepflicht und müssen auf den Verkehr und auf andere Fahrzeuge achten.

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Artikelbild: http://www.depositphotos.com