Ein Gutachten hat nun die Frage geklärt, ob Andreas Scheuer für das Maut-Debakel persönlich zur Kasse gebeten werden kann.

Wäre die Geschichte um Andreas Scheuer und die gescheiterte Maut ein Film, es wäre ein schlechter. Man wollte einfach nur den Fernseher anschreien: „Nein, tu es nicht, das ist unvernünftig“. Es würde nichts nützen, denn getan hat er es dennoch. Andreas Scheuer unterschrieb Verträge mit Maut-Betreibern, obwohl zum einen bekannt war, dass es erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geplanten Regelung gab und zum anderen das EuGH-Urteil zu eben genau dieser Rechtmäßigkeit noch ausstand. Er verzichtete sogar auf eine Klausel, die den Bund im Falle eines negativen EuGH-Urteils absichern sollte. Einige Monate nach der Unterzeichnung entschied der EuGH 2019: Die Maut ist rechtswidrig. Die Folge waren Schadensersatzforderungen der Unternehmen. 243 Millionen Euro muss der Staat nach dem Schiedsverfahren zahlen.

Was übrig bleibt, ist die Frage, ob man den Politiker persönlich dafür haftbar machen kann. Nun ist klar: Mit einer Schadensersatzforderung seitens des Bundes muss Scheuer laut Beck-Aktuell nicht rechnen.

Rechtsgutachten sollte Haftungsfrage klären

Die Gretchenfrage war die, ob Andreas Scheuer als Person für den Schaden haftbar gemacht werden kann. Diese Frage sollte ein Gutachten klären (wir berichteten). Das Gutachten bestätigt nun, dass es keine Haftungsnorm für den ehemaligen Bundesminister gibt, die greifen würde. Das Grundgesetz sieht zwar grundsätzlich vor, dass Amtswalter:innen in Regress genommen werden dürfen; Voraussetzung dafür ist aber eine gesetzliche oder vertragliche Grundlage. Diese gibt es für Bundesminister:innen schlicht nicht. Laut dem Gutachter ist eine solche Haftungsregelung weder in dem Bundesministergesetz noch an anderer Stelle vorgesehen. Hat hier der Gesetzgeber möglicherweise eine Lücke nicht geschlossen? Nein, sagt das Gutachten.

Im Gutachten wird aber auch die Möglichkeit erörtert, dass Scheuer nach § 280 BGB wegen einer Pflichtverletzung haftbar gemacht werden könnte. Hierzu gibt es aber juristische Hürden: Zum einen müsste der Paragraph analog angewendet werden, weil er eigentlich eben nicht die Haftung zwischen Bundesminster:innen und dem Bund als Dienstherren regelt. Zum anderen müsste sich Scheuer laut dem Gutachten grobe Fahrlässigkeit vorwerfen lassen können.

Eher keine grobe Fahrlässigkeit

Aber: Handelte Scheuer tatsächlich grob fahrlässig? Seine Fehler waren gravierend und gerade rückblickend betrachtet offensichtlich. Dennoch kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass es unklar ist, ob ein Gericht grobe Fahrlässigkeit annehmen würde. Es gäbe schlicht keine vergleichbaren Fälle. Die Beweislast für diese grobe Fahrlässigkeit läge jedenfalls beim Bund. Man müsste Scheuer außerdem in den Kopf schauen, denn wer grob fahrlässig handelt, agiert in hohem Maße unbedacht und unvorsichtig und verletzt somit seine Sorgfaltspflicht. Allerdings ließe sich die subjektive Seite seines Handelns nicht vollständig aufklären. 

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