Kürzlich bekräftigte Verdi ihre Forderung nach Direktanstellungen bei den Paketdiensten und verwies auf ein Gutachten. Aus der Branche hagelt es Kritik. 

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat sich wiederholt gegen die Praxis von Subunternehmen in der Paketbranche ausgesprochen. Die großen Paketdienste müssten noch stärker in die Verantwortung genommen und die Vergabe von Werkverträgen an Subunternehmen verboten werden, so die Forderung. 

Dabei stützte man sich auf ein kürzlich veröffentlichtes Gutachten im Auftrag des Hugo-Sinzheimer-Instituts (HSI) für Arbeits- und Sozialrecht der Hans-Böckler-Stiftung, das die Missstände und Arbeitsrechtsverstöße in der Branche mit der Auslagerung an Subunternehmensketten in Zusammenhang bringt. Nach Ansicht des Bundesverbands Paket & Expresslogistik BIEK ist dieses Gutachten „lückenhaft, einseitig und rechtlich unhaltbar“. 

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BIEK: Vorwürfe aus dem Gutachten zu pauschal 

Die Branchenvertretung stellt stattdessen die Notwendigkeit der Vertragspartnerschaften in der Paketzustellung heraus. Der Verband kritisiert unter anderem eine Pauschalisierung im Gutachten: „Zahlreiche Vorwürfe sind in ihrer Pauschalität schlicht falsch und diskreditieren eine ganze Branche ohne jegliche belastbare Grundlage“, heißt es in dem BIEK-Statement

Auch die Datenbasis wird infrage gestellt. So habe man beispielsweise „ausschließlich Interviews mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Verdi und dem DGB-‚Beratungsnetzwerk Faire Mobilität‘“ herangezogen. Die Unternehmen der Paketbranche selbst wurden hingegen nicht befragt. Bundesweite Schwerpunktprüfungen durch die Generalzolldirektion hätten des Weiteren ergeben, dass die KEP-Branche mit Blick auf prekäre Arbeitsbedingungen keine systematischen Auffälligkeiten zeigen würden. 

Strittig: Viele Kleinstunternehmen als Ursache für Missstände

Anders als von der Hans-Böckler-Stiftung dargestellt, handele es sich bei den Vertragspartnern außerdem um „verantwortungsvolle Unternehmen“, sie seien „der echte Mittelstand in Deutschland und keine Solounternehmer“, betont der Verband weiter. Laut HSI gebe es viele kleine und Kleinstunternehmen in der Branche, 88 Prozent der insgesamt 14.400 Unternehmen sollen in der Branche weniger als 20 Beschäftigte haben. In den Kleinstunternehmen mit bis zu 9 Beschäftigen gelten teils andere Regelungen – zum Beispiel in Bezug auf den Kündigungsschutz. Deren Anteil betrage 75 Prozent. Das HSI räumt ein, dass keine konkreten Zahlen zu den in der Zustellung tätigen Unternehmen für das Gutachten vorlagen, für die Angabe stützt man sich auf die Strukturerhebung des Statistischen Bundesamtes im Bereich „Sonstige Post, Kurier- und Expressdienste“ (2020). Eine Trennung von Post- und Paketdienstleistern hat man dabei aber nicht vorgenommen – man geht davon aus, dass etwa die Hälfte Paketdienstleister seien. 

Derlei Zahlen widerspricht der BIEK, stattdessen seien für die großen Paketdienstleister nur rund 4.000 Subunternehmen tätig. In absoluten Zahlen dürfte der Anteil der Kleinstunternehmen damit geringer ausfallen. Der Verband betont, dass die meisten mittelständische Unternehmen seien. 44 Prozent der Vertragspartner beschäftigen zwischen 10 und 19 und Personen, nur rund 42 Prozent der Firmen hätten 1 bis 9 Angestellte. Dieser Anteil wäre in der KEP-Branche nur halb so groß wie in der Gesamtwirtschaft, möchte der Verband weiter verstanden wissen. Und: „Die Einbindung von Soloselbständigen liegt nicht im Interesse der Paketdienste, da diese Vertragspartner brauchen, die ihnen langfristige Planungssicherheit geben. Denn nur so ist das hohe Leistungsniveau der Branche möglich.“ 

Verbot von Subunternehmen wird geprüft

Verdi ist der Überzeugung, dass ein Direktanstellungsvertrag bei den sechs großen Paketdienstleistern und ein Verbot der Subunternehmen die Situation für Angestellte verbessern würde. Aus Sicht des BIEK würde ein Verbot von Vertragspartnern für die rechtliche Situation der Beschäftigten qualitativ aber keinen Unterschied machen. „Egal, ob sie bei einem großen, mittleren oder kleinen Unternehmen arbeiten – entscheidend ist, dass die Unternehmen sich den Beschäftigten gegenüber rechtskonform verhalten“. So gebe es bereits das Paketbotenschutzgesetz mit Durchgriffshaftung für Sozialversicherungsbeiträge und auch Präqualifizierungsmöglichkeiten und Prüfungen seitens der auftraggebenden Firmen.

Für die Paketbranche werden Werkverträge eingesetzt, um von den wirtschaftlichen Vorteilen einer Arbeitsteilung zu profitieren. Kleine Fahrzeugflotten dezentral effizient einzusetzen oder kleine Mitarbeiterzahlen effizienter zu führen als große Belegschaften, könne ein Vorteil sein, erläutert der Paketverband. Kleine Unternehmen könnten wiederum leichter am Paketmarkt teilnehmen, wenn sie kein bundesweites Netzwerk aufbauen müssten.

Aktuell prüft das Bundesministerium für Arbeit und Soziales laut der Wirtschaftswoche, ob ein Verbot der Subunternehmen nötig ist. Ergebnisse werden demnach zum Ende dieses Jahres erwartet. Einige Bundesländer hatten sich in der Vergangenheit bereits für ein solches Verbot ausgesprochen, als Vorbild gilt die Lage in der Fleischwirtschaft.

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