Laut der Fraktion Die Linke soll Schwarzfahren weder als Straftat, noch als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden.

Ob Schwarzfahren wirklich als Straftat verfolgt werden soll, das wird nicht erst seit gestern diskutiert. Relativ jung sind allerdings die politischen Bestrebungen, die vorsehen, dass Schwarzfahren lediglich als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden soll. Der Fraktion Die Linke geht das nicht weit genug: Sie hat dem Rechtsausschuss des Bundestages einen Entwurf vorgelegt, nachdem Schwarzfahren nicht mal mehr als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden soll.

Erhöhtes Beförderungsgeld ist ausreichend 

Ein Grund für diesen Denkansatz stellt das erhöhte Beförderungsgeld dar: Wird man ohne gültigen Fahrschein erwischt, muss man aktuell ein erhöhtes Beförderungsentgelt in Höhe von 60 Euro zahlen. Dabei handelt es sich um eine Vertragsstrafe. Indem man keinen gültigen Fahrschein hat, verstößt man nämlich regelmäßig gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des jeweiligen Beförderungsunternehmens.

Kommt jetzt noch eine Geldstrafe (bei Straftat) oder ein Bußgeld (bei Ordnungswidrigkeit) hinzu, stelle dies eine Doppelbestrafung dar. Für die Verfolgung von Vertragsverletzungen sei außerdem nicht der Staat, sondern das jeweilige Unternehmen verantwortlich. 

Soziale Aspekte

Ein weiterer Grund sind die sozialen Aspekte: Laut LTO wird der Gesetzesentwurf damit begründet, dass vor allem Menschen mit psychischen Problemen oder Alkohol- bzw. Drogensucht wegen Schwarzfahrens im Gefängnis säßen. Dabei handelt es sich regelmäßig um Ersatzfreiheitsstrafen, also Strafen, die verhängt wurden, weil eine Geldstrafe nicht gezahlt wurde oder werden konnte.

87 Prozent der Betroffenen seien arbeitslos, 15 Prozent ohne festen Wohnsitz und weitere 15 Prozent selbstmordgefährdet. 

Dabei geht es nicht immer darum, dass Personen aus böser Schädigungsabsicht über keinen gültigen Fahrschein verfügten: Ein kaputter Ticketautomat oder eine falsch verstandene Tarifstruktur gehen hier zulasten der Schwarzfahrer.

Aktuell noch Straftat

Aktuell wird Schwarzfahren noch unter dem Tatbestand der Leistungserschleichung strafrechtlich verfolgt. Dabei kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr verhängt werden. Kann die Geldstrafe nicht bezahlt werden, kommt es zur Ersatzhaft. Es wird viel darüber diskutiert, das Schwarzfahren zur Ordnungswidrigkeit herabzusetzen. Dies hätte den Vorteil, dass keine Ersatzhaft bei Zahlungsunfähigkeit droht. Außerdem müssen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen von Amtswegen berücksichtigt werden. Als Schwarzfahren gilt dabei bereits, dass man sein Ticket nicht entwerten konnte, weil der Entwerter defekt ist. Oder wenn der Ticketautomat kaputt ist. Oder natürlich: Wenn man mit voller Absicht kein Ticket löst. Die Gerichte sind jedenfalls gut beschäftigt mit dieser Straftat. Für die Staatskasse sind die Verfahren eine Hausnummer: Etwa 200 Millionen Euro im Jahr kosten die Ersatzfreiheitsstrafen. 

Für eine komplette Streichung hat sich bereits vor über einem Jahr der ehemalige BGH-Richter Thomas Fischer in der LTO ausgesprochen. Dabei nimmt er eine ähnliche Argumentationsweise, wie nun die Linken-Fraktion: „Die geschädigten Unternehmen können sich zivilrechtlich wirksam wehren.“ 

Der Deutsche Richterbund findet, dass das Umgehen von Zugangsbarrieren oder -kontrollen zumindest eine Straftat bleiben sollte, da hier die kriminelle Energie höher sei.