Man mag es kaum glauben, aber trotz der Digitalisierung werden immer noch massenhaft echte Briefe versendet. Ob sie ankommen, steht auf einem anderen Blatt.

Sei es die Geburtstagskarte von der Großmutter, der Gutscheincode für den Online-Shop oder die Stromabrechnung. All diese Sachen werden nach wie vor auf analogem Wege zugestellt. Sind darunter wichtige Unterlagen, hat jeder natürlich ein Interesse, dass sie zum einen im und nicht neben dem Briefkasten landen. Außerdem können auch wichtige Fristangelegenheiten enthalten sein, deren Verzögerung bei der Brieflaufzeit ernsthafte rechtliche Konsequenzen haben kann. Die wichtigsten Basics und Irrtümer wollen wir aufklären.

Wie oft muss die Post ausgetragen werden?

Nichts ist so sicher wie das Amen in der Kirche – und der Postbote, der regelmäßig die Post vorbeibringt. Auf die Post war bislang immer Verlass, denn die Briefzustellung muss mindestens einmal werktäglich erfolgen. Es gab zwar auch Diskussionen und Tests, die Zustellungstage einzuschränken. Dies wurde aber bisher nicht umgesetzt. Die Verpflichtung, zu einer bestimmten Tageszeit zuzustellen, gibt es aber nicht. 

Zur Pflicht gehört es zudem, dass die Briefe in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen oder persönlich übergeben werden. 

Kommt es hier also zu dem Fall, dass die Post wegen interner Probleme gar nicht ausgetragen wird, muss sich der Versender an die Post wenden und möglicherweise auch eine offizielle Beschwerde einreichen (dazu später mehr). Es ist jedoch zu erwarten, dass sich die Post auf die höhere Gewalt beruft und schlussendlich Versender und Empfänger das Nachsehen haben.

Haftet die Post für verlorene Briefe?

Jein. Zunächst muss man wissen, dass ein Vertrag über die Beförderung nur zwischen dem Absender und der Post geschlossen wurde. Nur zwischen diesen beiden Parteien können also Ansprüche entstehen. 

Zudem ist die Haftung teilweise ausgeschlossen oder begrenzt. Für reguläre Briefsendungen ohne Zusatzleistungen ist eine Haftung ausgeschlossen. Für verlorene Standardbriefe gibt es keinen Schadensersatz. Sollte ein Einschreiben nicht ankommen, so ist diese Sendung beispielsweise bis zu einem Höchstwert von 25 Euro begrenzt. Das ist jedoch gar nicht der springende Punkt, denn viel wichtiger sind meist die Folgen, die mit einem verlorenen Brief einhergehen, wie verpasste Fristen, die Mahngebühren oder gar gerichtliche Verfahren nach sich ziehen. Daher sollten wichtige Rechtsangelegenheiten immer per Einschreiben versendet werden, denn so kann die Zustellung nachgewiesen werden.

Haftet die Post für verspätet zugestellte Sendungen?

Mindestens 80 Prozent der Briefsendungen müssen im Jahresdurchschnitt am folgenden Werktag ausgeliefert werden. 95 Prozent der Briefsendungen müssen nach zwei Werktagen ankommen. Es gibt jedoch grundsätzlich keinen gesetzlichen Anspruch, dass ein einzelner Brief innerhalb dieser Fristen befördert wird. 

Anders sieht das jedoch aus, wenn der Versender sich für eine Zusatzleistung entscheidet, wie in einem Fall vor dem OLG Köln (Beschluss vom 16.04.2020, Az.: 3 U 225/19). Dort wurde ein Brief mit der Option Expresszustellung mit dem Zusatzservice Samstagszustellung versendet. Aufgrund eines Zustellfehlers kam es zu einer Zustellung erst am darauffolgenden Montag, wodurch eine Frist versäumt und ein Schaden in Höhe von 18.000 Euro entstanden ist. Das Gericht machte die Post für den Schaden haftbar, der durch Überschreitung der Lieferfrist entstand. Es war offenkundig, dass es auf die Einhaltung des Wunschtages ankam, denn es wurde die Zusatzleistung „Samstagszustellung" gewählt, sowie ein nicht unbeachtliches Porto in Höhe von 23,80 Euro dafür bezahlt.

Mahnungen, Wahlunterlagen oder Behördenpost: Wann gilt die Briefzustellung als Zustellung im rechtlichen Sinne?

Einige rechtliche Angelegenheiten können erst ihr volle Wirkung entfalten, wenn sie beim Empfänger angekommen sind. Erst dann gelten gewisse Nachrichten als beim Empfänger zugestellt und damit wirksam bekannt gegeben. Hierbei gibt es jedoch keine pauschale Antwort, denn es kommt wie bei juristischen Fragen immer auf den Einzelfall an. Nachfolgend zwei Beispiele:

Der Bescheid einer Behörde (z. B. Blitzerfoto) gilt mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugegangen (§ 41 Absatz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz). Diese sogenannte Fiktion gilt jedoch nicht, wenn der Empfänger substantiiert darlegen kann, dass die Zustellung später oder gar nicht erfolgte. Im Zweifel muss die Behörde die nötigen Nachweise erbringen.

Beispiel: Wird ein Bescheid am 24.10.2022 zur Post gegeben, tritt die Bekanntgabefiktion am 28.10.2022 0:00 Uhr ein. Der Tag der Aufgabe zur Post wird nicht mitgerechnet. 

Bei einer Rechnung ist der Absender in der Pflicht und muss den Zugang der Rechnung beweisen (BGH, Urteil vom 21.01.2009, Az. VIII ZR 107/08). Der Empfänger kann selbstredend keinen Beweis erbringen, eine Rechnung nicht erhalten zu haben, denn das ist praktisch unmöglich. Der Schuldner muss also auch keine Mahngebühren zahlen, wenn der Rechnungssteller den Zugang einer Rechnung nicht beweisen kann. Kommt es zu einem Gerichtsverfahren wegen einer unbezahlten Rechnung, sollte man auf jeden Fall einen Rechtsanwalt hinzuziehen, denn hier muss aufgrund eines klugen prozesstaktischen Vorgehens das Schlimmste verhindert werden.

Gibt es für Briefe eine Sendungsverfolgung?

Wer zwar mit einer Verzögerung leben kann, jedoch wenigstens wissen möchte, wo die Sendung abgeblieben ist, kann auch eine zusätzliche Sendungsverfolgung nutzen. Das ist beim Standardbrief zwar grundsätzlich nicht der Fall. Jedoch gibt es unter anderem folgende Optionen: Briefmarken mit einem integrierten QR-Code enthalten in Verbindung mit der Post & DHL App immerhin eine rudimentäre Sendungsverfolgung. Über die App muss der Code vor dem Versand gescannt werden, um die Bearbeitung der Sendung im Start- und Zielbriefzentrum zu verfolgen. Einen Zustellnachweis sowie eine detaillierte Sendungsverfolgung gibt es nach wie vor aber nur über das Einschreiben, die Nachnahme, das Telegramm oder den Prio-Brief.

Wo kann ein Nachforschungsauftrag gestellt werden?

Neben einer Sendungsverfolgung kann man auch einen Nachforschungsauftrag für nationale Briefsendungen hier stellen.

Was können Betroffene tun, wenn ein Brief geöffnet ankam?

Den Postangestellten ist es untersagt, sich Kenntnis über den Inhalt der beförderten Briefe zu verschaffen. Das sagt das Postgeheimnis und es wird hierzulande großgeschrieben. Nicht immer muss es jedoch zu einem mutwilligen Öffnen von Briefen kommen. Auch technische Störungen bei der Beförderung oder ein unsachgemäßes Verpacken durch den Absender können zu geöffneten Briefen führen. Neben dem gesunden Menschenverstand ist nächster Anlaufpunkt daher die Post selbst. Daher sollten sich Betroffene wegen der Reklamation unmittelbar dorthin wenden. 

Wo kann ich mich über die Zustellprobleme beschweren?

Bei anhaltenden Problemen oder Verzögerungen können Betroffene eine Beschwerde bei der Bundesnetzagentur einreichen. Kommt es zu einer Häufung von Beschwerden in einem bestimmten Gebiet, werden weitere Untersuchungen eingeleitet, die die gesetzlich vorgeschriebene Qualität dauerhaft wieder herstellen sollen. Außerdem gibt es unter bestimmten Voraussetzungen ein sogenanntes Schlichtungsverfahren bei der Bundesnetzagentur, welches sowohl durch den Versender als auch durch den Empfänger angestrebt werden kann.

Wie kann jeder einzelne Verzögerungen vermeiden?

Natürlich ist es wichtig, dass man beim Briefversand auch an alle Formalien denkt. Ist die Empfängeradresse unleserlich per Hand auf den Umschlag gekritzelt oder die Sendung falsch frankiert, kommt es zu Verzögerungen und Rückläufen. Daher kann jeder einzelne bereits einen, wenn auch kleinen, Beitrag leisten, dass Verzögerungen vermieden werden, indem zunächst das richtige Porto passend zum Umschlag ermittelt wird. Nicht zuletzt sollte der Umschlag säuberlich und nach den gängigen Anforderungen beschriftet und zugeklebt werden.

Update (10.11.2022): In einer früheren Version haben wir geschrieben, dass der Empfänger im Falle des späteren Zugangs ggf. einen Nachweis erbringen muss. Um Missverständnisse zu vermeiden, haben wir eine Änderung vorgenommen.