Erst kürzlich veröffentlichte DHL einen Rückblick auf das letzte Jahr und betonte noch einmal, wie wichtig die Transport- und Logistikbranche für alles und jeden ist.

Tatsächlich ist fast jeder Mensch und jedes Unternehmen auf ein breites Versorgungsnetz angewiesen. Die Waren und Güter, die auf irgendeine Weise transportiert werden müssen, reichen von der einfachen Postkarte über den Schiffs-Container voller Obst aus Fernost bis hin zum Schwerlasttransport eines Windrades. Verständlicherweise können hier auch die Vertragsverhältnisse (angefangen vom Privatbereich bis hin zu multinationalen Verträgen) oder die jeweiligen Haftungssummen denkbar unterschiedlich sein. 

Daher ist es gut nachvollziehbar, dass die Beteiligten einen Überblick über die zahlreichen deutschen und internationalen Vorschriften sowie die daneben vereinbarten Vertragsklauseln nur schwer erreichen oder halten können. Davon abgesehen müssen die komplizierten Regelungen, teilweise nur in englischer Sprache vorhanden, richtig eingeordnet werden. Daher wollen wir mit diesem Guide einen Einblick geben, was man überhaupt unter Transportrecht versteht, welche nationalen und internationalen Vorschriften relevant werden könnten und was von diesen wann gilt.

Der Begriff Transportrecht

Zunächst einmal verwenden viele die Begriffe Transportrecht, Frachtrecht oder Speditionsrecht synonym füreinander. Umso schwerer macht die Abgrenzung der Umstand, dass es keine offizielle Definition für das Transportrecht als solches gibt. Daher wollen wir gleich mit einer Einordnung anfangen, denn das Transportrecht als solches umfasst jede Menge Regularien und beschreibt, wie der Name schon sagt, den Transport von Waren und Gütern unabhängig von ihrer Art (beispielsweise Lebensmittel oder Umzugsgut) und die Form des Transport, also auf dem Land über Seewege oder in der Luft. Nicht vom eigentlichen Transportrecht umfasst wäre der Transport von Personen.

Zum Transportrecht gehört jedoch nicht nur die Beförderung von Gütern selbst, sondern im weiteren Sinne auch die Lagerung, weshalb das Lagerrecht und beispielsweise auch die Themen Fulfillment und Dropshipping sowie die Kommissionierung, Verpackung oder der Umschlag als Zusatzleistungen mit in das Transportrecht einbezogen werden können und müssen. Hinzu kommen jede Menge Detail- und Folgefragen wie der Abschluss einer Transport- oder Warenversicherung. Zu denken wäre beispielsweise auch an die sonstigen Regelungen der Luft- oder Schifffahrt, die einen sicheren Betrieb gewährleisten, sich mit dem Transport von Gütern jedoch selbst gar nicht befassen. Nachfolgend soll es daher zunächst einmal nur um die Quellen gehen, die für das Transportrecht herangezogen werden müssen.

Abgrenzung Frachtrecht und Speditionsrecht

Das Frachtrecht, wie wir gelernt haben, wird das komplette Transportrecht aus dem Handelsgesetzbuch genannt und ist damit quasi der Spedition noch einmal übergeordnet. Es gibt jedoch folgende wesentliche Merkmale, die die Fracht von der Spedition abgrenzen:

Tabelle 1: Unterschiede Fracht und Spedition
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Beispiel: 

Ein Unternehmer bestellt einen Container Elektrogeräte aus Fernost, welche er über eine Spedition nach Europa verschiffen lässt. Die Spedition selbst hat natürlich kein eigenes Containerschiff, sondern beauftragt den Transport bei einem Verfrachter, der seinerseits das Schiff von einer Reederei gechartert hat. 

Die Rechtsquellen

Zunächst muss unterschieden werden, zwischen privaten und öffentlichen Recht. Während das Privatrecht zwischen den beiden Parteien gilt, bezweckt das öffentliche Transportrecht beispielsweise den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (unter anderem beim Gefahrguttransport) oder den Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehrsrecht. Neben den gültigen Gesetzen stehen die individuellen Vertragsabsprachen im Fokus, die die Parteien untereinander geregelt haben sowie die standardisiert abgefassten Speditionsbedingungen, die in den Vertrag einbezogen worden. Bekanntestes Beispiels sind die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (kurz: ADSp), bei denen es sich um unverbindliche Empfehlungen handelt. Speziell für den Güterverkehr gibt es noch die Vertragsbedingungen für den Güterkraftverkehrs- und Logistikunternehmer (kurz: VBGL) sowie die FIATA Multimodal Transport Bill of Lading im multimodalen Transport.

Allgemeines (deutsches) Transportrecht

Tabelle 1: Allgemeines (deutsches) Transportrecht
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Zentrale Anlaufstelle des privaten, allgemeinen Transportrechts ist das Vierte Buch des Handelsgesetzbuches, welches seit dem Transportrechtsreformgesetz von 1998 alle Vorschriften über den Landfrachtvertrag, den Speditionsvertrag und den Lagervertrag zusammenfasst und gebündelt regelt. Diese Vorschriften gelten, wenn das Gut zu Lande, auf Binnengewässern oder mit Luftfahrzeugen befördert werden soll und die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört. Diese allgemeinen Vorschriften aus dem Transportrecht machen also zunächst keine Unterscheidung zwischen dem Transportweg. Das deutsche Frachtrecht, wie es im deutschen HGB heißt, gilt also für jede Form des Transports.

So gesehen sieht man schon, dass das Transportrecht aus dem HGB der Oberbegriff ist und alle Formen des Transportes sowie der Lagerung umfasst

  • Landfracht
  • Seefracht
  • Speditionsrecht
  • Lagerrecht
  • Beförderung von Umzugsgut (gilt übrigens auch gegenüber einem Verbraucher)
  • Beförderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln

Übrigens: Als eines der wenigen Gesetze gibt es wegen seiner großen Bedeutung im internationalen Geschäftsverkehr für die §§ 407 bis 472d HGB, also dem Frachtrecht, eine offizielle Übersetzung durch die Deutsche Gesellschaft für Transportrecht. 

Besondere (internationale) Transportbestimmungen

Der Suezkanal war und ist eine der wichtigsten Handelsrouten zwischen Asien und Europa. Jede, sei es nur eine kurzzeitige, Sperrung wirkt sich noch lange auf Lieferketten, und zwar bis zum letzten Glied, aus. Der Fall zeigt, dass das Transportrecht häufig einen besonders komplexen multinationalen Charakter hat, denn nur selten spielt sich alles in einem Staat ab. Dabei ist eine Havarie wie die der Ever Given der Supergau, tauchen doch plötzlich unerwartete Fragen aus dem internationalen Seefrachrecht auf wie „Muss sich ein Besteller einer Ware auch an den Bergungskosten beteiligen?”.

Hierbei ist anders als im deutschen Recht, das werden wir gleich näher betrachten, eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Transportwegen Land, See, Schiene und Luft vorgenommen worden, mit jeweils unterschiedlichen Rechtsvorschriften.

Tabelle 3: Besondere (internationale) TransportbestimmungenTabelle 3: Besondere (internationale) Transportbestimmungen
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Welches Recht gilt wann?

Allein die Liste der gültigen Gesetze, Vorschriften und Abkommen ist beinahe unerschöpflich und mit zahlreichen Durchführungsgesetzen, Zersplitterungen und Ergänzungen versehen. Zunächst einmal muss man sich jedoch den Vertrag anschauen. Was haben die beiden Parteien vereinbart und was ist der Schwerpunkt des Vertrages? Liegt das Hauptaugenmerk auf dem Transport oder der Versendung von Gütern, dann liegt das Transportrecht im engeren Sinne nahe und ist anwendbar (s.o.). Liegt das Hauptaugenmerk eher auf einer Zusatzleistung, beispielsweise dem Kommissionieren oder Verpacken, kann das jeweilige Recht vorrangig angewendet werden.

Oft geht es jedoch weiter in internationales Terrain. Liegt ein innerdeutscher Transport vor, sind zwar nur die Vorschriften des Handelsgesetzbuches anzuwenden, egal ob der Transport zu Land, See oder Luft stattfindet. Liegt ein Auslandsbezug (d. h. es wurde ausländisches Recht vereinbart oder es liegt ein grenzüberschreitender Transport vor), findet das deutsche Transportrecht dann keine Anwendung mehr. In der Regel kommen dann internationale Vorschriften und Abkommen (s. o.) zur Anwendung, wenn Deutschland der internationalen Vereinbarung zugestimmt hat, diese also ratifiziert hat. Diese Vorschriften sind jedoch nicht abschließend und regeln teilweise nur Detailfragen. Alles andere, wird dann gegebenenfalls wieder über das jeweilige nationale Recht oder die Vertragsbasis geregelt.