Der EuGH hat entschieden, dass Deutschland jahrelang die Grenzwerte für Stickoxid überschritten hat.


Auch in den letzten Monaten dieser Legislatur wird es so gar nicht ruhig um Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer: Neben dem Mautdesaster kündigt sich bereits neuer Ärger an. Man könnte auch sagen: Die Luft wird dicker.

Laut einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Az.: C 635/18) hat Deutschland „systematisch und fortdauernd“ die Grenzwerte für Stickoxid in den Jahren 2010 bis 2016 überschritten. Dies könnte weitreichende Folgen haben. 

Verstöße in Berlin, Hamburg, München und Stuttgart

Dem Urteil ging eine Klage der EU-Kommission voraus, die bereits im Jahr 2018 eingereicht wurde. Begründet wurde die Klage damit, dass Deutschland in dem Zeitraum von 2010 bis 2016 die Grenzwerte für Stickoxid in insgesamt 26 Gebieten dauerhaft und systematisch überschritten habe. Zu diesen 26 Gebieten gehören unter anderem Berlin, Hamburg, München und Stuttgart. In zwei Gebieten seien auch Stundengrenzwerte nicht eingehalten wurden.

Nun gab der EuGH der Klage statt. Der Spiegel berichtet dazu, dass die Richter Deutschland zum Vorwurf machen, seinen Verpflichtungen aus der Luftreinhalterichtlinie nicht nachgekommen zu sein. Es seien „keine geeigneten Maßnahmen ergriffen worden, um ab dem 11. Juni 2010 in allen Gebieten die Einhaltung der Grenzwerte für NO2 zu gewährleisten“.

Deutschland zeigte in dem Verfahren allerdings mit dem Finger auf die EU: Die damals gültige Schadstoffnorm Euro 5 habe zum Missstand beigetragen. Dem konnte sich das Gericht im Ergebnis aber nicht anschließen. Zum einen seien Fahrzeuge nicht die einzige Stickoxid-Quelle; zum anderen entbinde die EU-Abgasnorm Deutschland nicht von seiner Pflicht, über die Einhaltung der Grenzwerte zu achten.

Antrieb für Dieselverbot

In der Konsequenz könnte das Urteil dem Bestreben nach einem Dieselfahrverbot neuen Antrieb verleihen. Dieses wird seit längerem diskutiert. Aktuell ist es aber so, dass sich Teile der Politik auf den verbesserten Luftwerten ausruhen. So proklamierte Andreas Scheuer die verbesserte Luftqualität in den Städten für sich. 

Inwiefern nicht doch eher der durch die Pandemie reduzierte Verkehr eine wichtige Rolle bei den verbesserten Werten gespielt hat, wird sich erst nach Corona zeigen.

Strafe für Scheuer?

Laut dem Grünen-Verkehrsexperten Oliver Krischer könnte das Urteil aber noch ganz andere Folgen haben: „Verkehrsminister Scheuer drohen bei dem Urteil hohe Geldstrafen, weil die Bundesregierung über zehn Jahre beim Gesundheitsschutz der Bürger weggeschaut hat“, erklärt der Politiker gegenüber der Oldenburger Onlinezeitung