Gilt der beschlossene Oster-Lockdown auch für die Paketdienste? Wir versuchen uns an einer ersten Bestandsaufnahme.

Nichts Genaues weiß man nicht – So lautet aktuell leider noch die Devise bei einigen Punkten zum aktuellen Corona-Gipfel. Nach Rekordverhandlungen bis in die Nacht hinein, haben sich Bund und Länder auf einen harten Lockdown über Ostern verständigt. Außerdem gibt es in diesem Jahr eine einmalige Ausweitung der Ruhetage. Im Klartext heißt das, sowohl der Gründonnerstag als auch der Karsamstag gelten als Ruhetage und nur bestimmte Unternehmen dürfen an solchen Tagen auch arbeiten. (Ausführlicheres zu dem Thema gibt es in diesem Artikel der OnlinehändlerNews.)

Allerdings ist bislang noch völlig unklar, was genau mit diesen Ruhetagen gemeint ist und wie die Regelungen umgesetzt werden. Beispielsweise dürfen Lebensmittelläden am Karsamstag öffnen, am Gründonnerstag allerdings nicht. Auch wie die Transport- und Logistikbranche mit den aktuellen Beschlüssen umgehen soll, steht aktuell noch in den Sternen. Dürfen Paketdienste an den kurzfristig angesetzten Ruhetagen Sendungen zustellen und abholen? Und wie sollten Online-Händler jetzt reagieren? Müssen sie ihre Lieferzeiten für Bestellungen über Ostern anpassen?

Rechtliche Ausgangslage

Dipl. Jurist Melvin Dreyer erklärt die aktuelle Rechtslage so: Je nachdem, wie die Ruhetagsregelung für Gründonnerstag und Karfreitag umgesetzt wird, könnte dies auch Auswirkung auf den Transport und die Zustellung von Brief- und Paketsendungen haben. Die Informationslage ist zum jetzigen Zeitpunkt noch dünn, allerdings kündigte etwa der bayerische Ministerpräsident Söder bei der Pressekonferenz am 23.03. an, dass die Ruhetage wohl die gleichen Konsequenzen wie Sonn- und Feiertage nach sich ziehen sollen. Nach dem Arbeitszeitgesetz dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an gesetzlichen Sonn- und Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden – das gilt auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Logistikbranche. Ausnahmen sind, in engen und konkret im Gesetz genannten Bereichen, allerdings möglich. Eine Ausnahme stellt etwa jener Fall dar, dass es ohne eine Ausnahme vom Beschäftigungsverbot für das Logistikunternehmen zu schweren und unzumutbaren Nachteilen käme, oder dass die Beschäftigung durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt wird – beispielsweise weil die Versorgung von Bürgerinnen und Bürgern sonst nicht sichergestellt wäre.

Dennoch: Aktuell lässt sich eigentlich nur mutmaßen, zu welchen konkreten Konsequenzen es kommen wird. An einer entsprechenden, Klarheit verschaffenden Rechtsgrundlage für die außerplanmäßigen Ruhetage wird derzeit noch gearbeitet.

Regelung für Paketdienste noch undurchsichtig, DPDHL sieht keine Einschränkungen

Und wie reagieren die deutschen KEP-Dienstleister auf die aktuellen Beschlüsse? Da noch sehr viel Unklarheit herrscht, gibt sich DPD mit Aussagen noch zurückhaltend. „Hinsichtlich der beschlossenen Ruhephase zwischen dem 1. und 5. April können wir derzeit noch keine Aussage dazu tätigen, inwiefern diese die Paketbranche treffen wird. Zunächst muss DPD Deutschland die genaue Ausgestaltung dieser Regelung durch Bund und Länder abwarten“, teilte uns ein Sprecher des Logistikers mit. Auch bei Hermes muss die aktuelle Lage noch geklärt werden, ehe man genaue Details sagen kann.

Die Deutsche Post DHL Group wird da schon etwas deutlicher und geht nicht von Einschränkungen aus. „Aktuell liegen uns noch keine detaillierteren Hinweise oder Verordnungen vor, inwiefern auch für unseren Betrieb und insbesondere die Sortierung und Zustellung von Briefen, Paketen und Express-Sendungen eine Schließung am 1. und 3. April 2021 angeordnet werden soll“, so ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage des Logistik Watchblogs. „Wir weisen allerdings darauf hin, dass von einer eventuellen Schließung auch die dann zu transportierenden Impfstoffe wie auch Selbst- bzw. Schnelltests und andere Schutzausrüstung wie Mund-Nasen-Schutz betroffen wären.“

Hermes und GLS: Die Frage nach der Systemrelevanz

Auch bei Hermes muss die aktuelle Lage noch geklärt werden, ehe man genaue Details sagen kann. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht final geklärt, ob wir am Grünendonnerstag bzw. Karsamstag zustellen dürfen. Wir bei Hermes – aber auch die gesamte KEP-Branche – warten auf eine Konkretisierung des Beschlusses der Bundesregierung, in dem abschließend erläutert wird, welche Branchen von der 'Osterruhe' betroffen sind“, so der Konzern in einem Statement. Generell betont Hermes aber, auf das nahende Ostergeschäft bestens vorbereitet zu sein und alle Sendungen gewohnt zuverlässig zuzustellen.

Ähnliche Aussagen kommen auch von GLS. „Aktuell ist noch nicht abschließend geklärt, ob die Paketdienste unter die als 'absolut systemrelevant' definierte Ausnahme für den Ruhetag am Gründonnerstag fallen“. Auf Nachfrage betont der Logistiker aber, welch entscheidende Rolle die gesamte Branche im vergangenen Jahr und während der Coronapandemie gespielt hat. „In den vergangenen 12 Monaten hat sich gezeigt, dass die KEP-Dienste unerlässlich für die Versorgung und somit in der Krise systemrelevant sind. So helfen die Paketdienstleister durch die reibungslose Versorgung mit Konsumgütern, medizinischen Erzeugnissen u. a. dabei, dass die Menschen auch zu Hause mit notwendigen Gebrauchsgütern versorgt bleiben. Daher hofft GLS auf eine entsprechende Einstufung.“

Bis eine finale Entscheidung gefallen ist, arbeitet das Unternehmen mit seinen Kunden im engen Austausch an einem Plan zur Überbrückung der verlängerten Ruhepause. GLS verweist aber auch, ähnlich wie Hermes, auf die derzeit hohen Sendungsmengen, welche die KEP-Dienstleister ohnehin vor besondere Herausforderungen stellen.

Update 24.03.: Merkel nimmt Oster-Ruhetage zurück

Kehrtwende bei den Beschlüssen zu den erweiterten Ruhetagen rund um das Osterfest. Kanzlerin Angela Merkel hat die Regelungen zur Osterruhe gestoppt, dass bestätigte sie in einem Statement am Mittwoch. Diese seien in der Kürze der Zeit nicht umsetzbar gewesen, zu viele Fragen blieben offen. Die restlichen am Montag beim Corona-Gipfel getroffenen Entscheidungen haben aber weiterhin Bestand.