Logistik- und Handelsverbände fordern Nachbesserungen bei den Einreisebestimmungen, die derzeit an einigen deutschen Außengrenzen gelten. 

Wer derzeit aus dem österreichischen Tirol, Tschechien sowie auch aus der Slowakei kommend nach Deutschland einreise, muss unter anderem einen negativen Corona-Test vorweisen, bevor er die deutsche Grenze passieren darf. Damit soll die Ausbreitung insbesondere auch von mutierten Varianten des Virus eingedämmt werden (wir berichteten). Doch dies ist längst nicht die einzige Vorschrift bei der Einreise ins Land.

So wird die Einreise derzeit uneinheitlich – teils auf Bundesebene über die Coronavirus-Einreiseverordnung, Melde-, Test- und Nachweispflichten und teils auf Länderebene – geregelt, kritisieren der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), der Handelsverband Deutschland (HDE) und der Deutsche Fruchthandelsverband (DFHV) in einer gemeinsamen Stellungnahme. Die Vorschriften würden „die gesamte Transport- und Logistikbranche vor eine Zerreißprobe“ stellen, „ohne Nachbesserungen wird es bei der Versorgung der Bevölkerung zu Engpässen kommen“, lautet ihre Warnung. 

Verbände fordern übersichtliche und einheitliche Vorschriften 

Die EU-Kommission habe grundsätzliche Ausnahmen von Test- und Quarantänepflichten empfohlen, die in anderen Staaten bereits umgesetzt würden, außer in Brandenburg ist das hierzulande nicht der Fall. „Jedes Bundesland hat dabei unterschiedliche Quarantäneregelungen, weil die zu Grunde liegende Muster-Quarantäneverordnung, die vom Bundesinnenministerium koordiniert wird, nicht bindend ist. Die bestehenden Vorschriften sind entsprechend uneinheitlich“, erläutern die Verbände. Beispielsweise müssen Fahrer nach der Rückkehr aus Virusvariantengebieten in einigen Bundesländern ohne Ausnahme in Quarantäne. „In der Folge fehlt das ohnehin knappe Fahrpersonal, um die Lieferkette weiterhin am Laufen zu halten. Diesbezüglich war die Vorschriftenlage in der ersten Welle im Frühjahr deutlich besser geregelt.“ 

Stattdessen fordern sie sowohl überschaubare Regeln sowie eine einheitliche und übersichtliche Kommunikation zu den Melde- Test- und Quarantänevorschriften sowohl in deutscher als auch englischer Sprache auf einer bundesweiten Plattform.  

Starke Auswirkungen auf Fahrpersonal 

Lkw-Fahrer, die sich über 72 Stunden in einem Virusvarianten- oder Hochinzidenzgebiet aufhielten, benötigen für die Einreise nach Deutschland einen negativen Corona-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist. Allerdings gebe es keine Infrastruktur für Tests. Doch Deutschland zeige „wenig Interesse dafür, wie seine Testvorschriften überhaupt eingehalten werden können, und überlässt es den Lkw-Fahrern und -Fahrerinnen, unterwegs auf eigene Faust geeignete Testmöglichkeiten zu finden“, so BGL, HDE und DFHV. Die Verbände wollen daher, dass der Güterverkehr grundsätzlich von den Test- und Quarantänepflichten ausgenommen wird. Die Vorschriften seien auch „praxisfremd und unzureichend angesichts gesetzlich vorgegebener Lenk- sowie Tages- und Wochenruhezeiten“. 

Verheerend seien die Auswirkungen damit vor allem für das Fahrpersonal. Die neuen Einreiseregeln führten nicht nur zu kilometerlangen Staus, sondern es gibt auch lange Schlangen an den Grenzen, in denen die Fahrerinnen und Fahrer bei eisiger Kälte abwarten müssen, berichtet der baden-württembergische Transportdienstleister Hegelmann. „Einen Teil unserer Kolleginnen und Kollegen versuchen wir daher in Testzentren abseits der Autobahnen zu lotsen, um das Verfahren zu beschleunigen“, so Siegfried Hegelmann, Managing Shareholder des Unternehmens. Seiner Ansicht nach müsse der Staat für ausreichend Testkapazitäten sorgen. „Hinzu kommt, dass die Kosten für die Tests nun auch auf die Speditionen umgelegt werden und kaum kostenlose Tests zur Verfügung stehen.“ 

Auch die Kurzfristigkeit zur Grenzschließung sei problematisch gewesen. Mit einem europäischen Konzept – etwa der Einrichtung von Testzentren auf den Strecken in mehreren Abschnitten – wäre die Situation Hegelmann zufolge „sicher entzerrter“. Ebenso warnt er wie die Verbände davor, dass bedarfsgerechte Lieferzusagen unter den derzeitigen Voraussetzungen nicht mehr möglich seien, „sodass es erneut zu Stillständen in der Produktion und leeren Regalen in den Supermärkten kommen könnte“. 

Update: Verbände wenden sich mit offenem Brief an die Bundeskanzlerin

In einem offenen Brief wenden sich die Verbände nun mit ihren Forderungen direkt an Bundeskanzlerin Angela Merkel, nachdem bislang drei Schreiben an den Chef des Bundeskanzleramtes und die Ministerpräsidentenkonferenz unbeantwortet geblieben seien, heißt es in dem Schreiben. Darin wird explizit auf den Verstoß gegen die auf EU-Ebene vereinbarten „Green Lanes“ (Routen für den freien internationalen Warenverkehr) sowie auf „ein unbeherrschbares Regelungs-, Kontroll- und jetzt Grenzchaos im Güterverkehr“ hingewiesen, mit der Folge, dass Lieferketten zusammenbrechen und die Versorgung der Bevölkerung gefährdet werde. Doch dürfe die „Versorgungssicherheit der Gesellschaft NIE gegen den Gesundheitsschutz ausgespielt werden“, lautet der deutliche Appell. Eine lückenlose Versorgung würde auch einer Panik entgegenwirken, schreiben die Verbände und warnen: „Sobald ein weiteres Virusvariantengebiet hinzukommt, können wir die Versorgung nicht mehr sicherstellen.“