Die Lagerbestände europäischer Unternehmen liegen einer Studie zufolge derzeit 20 bis 30 Prozent über dem Normalstand. Europa ist damit weltweit an der Spitze.

Seit Mitte 2018 horten europäische Unternehmen ungewöhnlich hohe Lagerbestände. Die Lagerbestandsquote in der Eurozone (basierend auf den Auftragseingängen der Industrie gemäß Einkaufsmanagerindex, EMI) hatte im März 2019 einen neuen Rekordwert erreicht, so eine aktuelle Studie des Kreditversicherers Euler Hermes. Es sei nicht nur der höchste Stand seit 2012, sondern derzeit auch der höchste Stand weltweit.

Begründet sei dies vor allem in steigenden globalen Unsicherheiten, einem schwächelnden Welthandel sowie einer stärker als erwartet gesunkenen Nachfrage. „Viele deutsche Unternehmen, gerade auch im Mittelstand, sind sehr exportstark. Sie sind von den Unsicherheiten entsprechend stärker betroffen als einige ihrer Pendants in anderen Ländern", erklärt Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Einfluss auf Inflation und Wirtschaft

Konkret belegt Euler Hermes die Ergebnisse mit den durchschnittlichen „Days Inventory Outstanding“, kurz DIO. Das beschreibt die Zeitspanne, die ein Unternehmen benötigt, um Bestände in Umsatz umzuwandeln. Bei großen Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe stiegen diese im Jahr 2018 auf 52 Tage (2017: 48 Tage). Am stärksten stiegen die DIO in Spanien (plus elf Tage) und in Deutschland (plus sechs Tage). Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) sind es sogar 58 Tage.

Zum Abbau der Rekordbestände seien entsprechende Gegenmaßnahmen notwendig, so Kai Gerdes, Direktor Analyse bei Euler Hermes Rating: „Das bedeutet, dass wir Anpassungen sowohl bei der Produktion als auch bei den Preisen sehen werden, um den Abverkauf zu beschleunigen. Schließlich kosten hohe Lagerbestände neben Platz vor allem viel Geld.“ Auch die Unternehmen selbst bewerten die aktuellen Lagerbestände als zu groß.

Der Lagerbestand in Europa liege aktuell zwischen 20 und 30 Prozent über dem Normalmaß. Dies sei erheblich und der Abbau werde voraussichtlich deutliche Spuren bei Inflation und Wirtschaftswachstum hinterlassen. „Die Inflationsrate würde mit den Anpassungen sowohl 2019 als auch 2020 sinken. Zudem dürften die 'Hamster-Lager' das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Euroraum 2019 negativ beeinflussen. Dies dürfte um 0,3 Prozentpunkte auf +1,2% sinken. 2020 ist dann wieder eine leichte Erholung in Sicht“, sagt Gerdes.