Erst vor wenigen Wochen fanden an verschiedenen Standorten der Daimler AG in Deutschland Razzien statt. Grund dafür war ein Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichtes Stuttgart, welcher “den Verdacht des Betruges und der strafbaren Werbung im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasnachbehandlung an Diesel-Pkw” untersuchen soll. Jetzt haben mehrere Medien, u.a. die Süddeutsche Zeitung Einblick in den brisanten Beschluss erhalten.

Mercedes-Benz Stern

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Die Vorwürfe lauten, dass die Daimler AG von 2008 bis 2016 Fahrzeuge mit einem unzulässig hohen Schadstoffausstoß verkauft haben soll. Dabei handelt es sich um Fahrzeuge, die mit den Motoren OM 642 und OM 651 ausgestattet sind. Die genannten 4-Zylinder-Dieselmotoren wurden modellübergreifend in verschiedene Fahrzeuge eingebaut. Von der A-Klasse bis zum Sprinter ist dabei alles vertreten. Insgesamt sollen über eine Million Fahrzeuge davon betroffen sein.

Abschalteinrichtung wie bei Volkswagen?

Es steht der Verdacht im Raum, so berichtet die Süddeutsche Zeitung, dass Daimler die beiden Motoren mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet haben soll, welche unter Prüfstandsbedingungen die Abgasbehandlung aktiviert und im Normal- bzw. Straßenbetrieb gänzlich oder teilweise deaktiviert. Die Abgasbehandlung erfolgt bei der Daimler AG schon seit einiger Zeit mit der AdBlue-Einspritzung. Dieser Zusatz, bestehend aus industriell hergestelltem Harnstoff und demineralisiertem Wasser, sorgt bei Einspritzung in den Abgasstrom für eine Reduzierung der Stickoxide von bis zu über 90 Prozent.

Den Ermittlern zufolge sind im normalen Betrieb allerdings nur 35 bis 85 Prozent der giftigen Stickoxide herausgefiltert worden. Mit diesen Werten wären die Fahrzeuge für den europäischen Markt und den noch viel strengeren US-Markt nicht zulassungsfähig gewesen. Zusätzlich hat Daimler das KBA nicht über die illegale Abschalt-Software informiert. Im ungünstigsten Fall können die betroffenen Fahrzeuge stillgelegt werden, wenn das Kraftfahrt-Bundesamt einen Entzug der Zulassung ausspricht. Das wäre neben den vielen privaten Haltern auch für unzählige Unternehmen in der Logistikbranche der absolute Worst Case.

Die Ermittlungen dauern an

Daimler hat den Behörden eine umfängliche Zusammenarbeit zugesichert und betont, dass sie keine Gefahr für eine Stilllegungsverfügung sehen. Die Ermittlungen werden auch gegen zwei namentlich bekannte Daimler-Mitarbeiter geführt. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass weitere Beschäftigte bei den vorgeworfenen Manipulationen mitgewirkt hätten, so der zuständige Staatsanwalt. Da kommen viele Parallelen zu den noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen gegen die Volkswagen AG auf.

Einen faden Beigeschmack erhält diese “Affäre” zusätzlich, weil sich der Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche kurz nach Bekanntwerden der Manipulation bei Volkswagen deutlich mit den Worten geäußert hat: "Bei uns wird nicht betrogen, bei uns wurden keine Abgaswerte manipuliert." Es bleibt abzuwarten, wie sich die Ermittlungen gestalten und zu welchen Ergebnissen die Behörden gelangen. Viele Experten sind sich aber jetzt schon einig: Der Ruf der Marke Daimler hat ein paar böse Kratzer erhalten.