Vom 31. Januar bis 6. Januar wird in China das Neusjahrsfest gefeiert. Welche Herausforderungen dies hierzulande mit sich bringt und wie man diese bewältigen kann, erläutert Dominik Seidel vom Softwareunternehmen EazyStock im Gastbeitrag.

Das chinesische Neujahrsfest (CNJ), auch bekannt als Mond-Neujahr, steht vor der Tür. Smarte Bestandsverwalter und Logistiker sollten bereits mit der Planung für dieses Ereignis begonnen haben. Je mehr sie vorbereitet sind, desto besser können sie dafür sorgen, dass die alljährlichen Betriebsschließungen bei den Lieferanten aus Fernost so wenig Störungen wie möglich verursachen.

Betriebsferien zum chinesischen Neujahrsfest

Jedes Jahr werden die Fabriken in China (und anderen Ländern, die das Neujahrsfest feiern, wie Indonesien, Malaysia, Nordkorea, Singapur, Südkorea, Vietnam und Brunei) geschlossen, damit die Arbeiter das chinesische Neujahrsfest feiern können. Im Jahr 2022 wird dies vom 31. Januar bis zum 6. Februar der Fall sein. Während dieser Zeit wird die Produktion in ganz China eingestellt und die Auslieferung verzögert sich. Unternehmen in Europa, die aus diesen Ländern importieren, müssen sich Gedanken darüber machen, wie sie mit dieser Unterbrechung der Warenversorgung umgehen können, ohne dass es zu Lieferengpässen oder Ausfällen kommt.

Theoretisch ist dieses Problem einfach zu lösen: Man muss die entsprechenden Güter einfach rechtzeitig nach Europa einführen, bevor die Lieferanten schließen, richtig? Leider ist es nicht so trivial.

Erstens ist die Feiertagszeit zwar nur sieben Tage lang, doch sollten Unternehmen auch damit rechnen, dass ihre Zulieferer die Produktion für mindestens zwei Wochen einstellen, damit ihre Arbeitnehmer zu ihren Familien in anderen Teilen des Landes nach Hause fahren und anschließend wieder zurückreisen können. Verschiedene Fabriken neigen auch dazu, zu unterschiedlichen Zeiten und für unterschiedliche Zeiträume zu schließen.

Zweitens ist das chinesische Neujahrsfest berüchtigt für Arbeitskräftemangel, der zu weiteren außerplanmäßigen Produktionsverzögerungen führen kann. Da es in diesen Ländern relativ einfach ist, zwischen den Arbeitsplätzen in den Fabriken zu wechseln, kehren die Mitarbeiter manchmal gar nicht an ihren aktuellen Arbeitsplatz zurück, was bedeutet, dass es einige Zeit dauert, bis die Produktion wieder voll ausgelastet ist, was zu weiteren Verzögerungen führt.

Typische Herausforderungen für Unternehmen aufgrund des chinesischen Neujahrsfestes

Lieferengpässe
Die Unternehmen neigen dazu, ihre Produktion etwa eine Woche vor dem chinesischen Neujahrsfest zu drosseln, und aus den oben genannten Gründen kann es einige Wochen dauern, bis sie nach den Feierlichkeiten wieder ihre volle Kapazität erreicht haben.

Kein Kontakt
Während des chinesischen Neujahrsfestes sind beinahe ALLE Angestellten nicht im Dienst. Es sollte also nicht erwartet werden, dass man zu dieser Zeit jemanden erreichen kann.

Verzögerter Versand
Angesichts der Tatsache, dass alle Kunden ihre Bestellungen vorziehen und noch vor der Betriebsunterbrechung versendet haben wollen, kann es eine Herausforderung für die Lieferanten sein, die Sendungen rechtzeitig zu verschicken.

Probleme bei der Produktqualität
Wenn dieselben Arbeitnehmer nicht in die Fabriken zurückkehren, müssen erst neue Mitarbeiter gefunden und geschult werden. In dieser Zeit kann es zu Qualitätsproblemen kommen, die nicht erkannt oder sogar ignoriert werden. Dies führt dazu, dass Firmen unter Umständen minderwertigere Produkte erhalten.

Umgang mit Lieferunterbrechungen

Wie viele Bestandsmanager wissen, kann die Planung für das chinesische Neujahrsfest eine komplexe Aufgabe sein, da es zahlreiche Variablen zu berücksichtigen gilt. Wie viele zusätzliche Bestände bestellen sie zum Beispiel, um ihre Nachfrage zu decken? Wann geben sie die Bestellungen auf? Benötigen sie für verschiedene Lieferanten unterschiedliche Kontingente? Und wie schaut es auf Produktebene aus?

Vier wichtige Punkte gilt es zu beachten:

Zeit für die Erstellung genauer Bedarfsprognosen aufwenden
Wahrscheinlich müssen Bestandsmanager Nachfrageprognosen für einen längeren Zeitraum als normal erstellen. Sie sollten sich also Zeit nehmen, um historische Nachfrageperioden zu betrachten und Aspekte wie saisonale Ereignisse, Werbeaktionen oder Nachfragetrends zu berücksichtigen, die eine Anpassung der Basisnachfrage für bestimmte Produktlinien erforderlich machen.

Bedarfsprognosen teilen und diese frühzeitig mit Lieferanten kommunizieren

Das bekannte Sprichwort „der frühe Vogel fängt den Wurm“ ist hier angebracht. Bestandsmanager sollten sicherstellen, dass sie ihre Bedarfsprognosen so früh wie möglich an ihre Lieferanten weitergeben, damit diese genau wissen, welche Artikel zur Deckung während des CNJ-Zeitraums benötigt werden und zu welchem Datum diese das Werk verlassen sollen. Es sollten alle Probleme besprochen und anschließend gemeinsam nach Lösungen gesucht werden.

Rückstände im Versand berücksichtigen
Angesichts der anhaltenden Herausforderungen im Zusammenhang mit den Versandaufträgen könnte es ratsam sein, die Bestellungen etwas weiter als üblich vorzuziehen, um etwaige logistische Probleme zu entschärfen.

Aufstockung des Sicherheitsbestandes zur Abdeckung aller Eventualitäten
Das CNJ ist eine Zeit, in der Unternehmen vielleicht beschließen sollten, ihre Sicherheitsbestände zu erhöhen, um Engpässe in der ersten Hälfte des Jahres 2022 zu vermeiden. Vor allem, wenn sie sich der Genauigkeit ihrer Prognosen nicht sicher sind oder wenn die Nachfrage nach einigen ihrer Lagerartikel sehr schwankend ist. Wenn Prognosen und die Planung der Nachbestellungen manuell durchgeführt werden, kann das sehr schnell ziemlich kompliziert werden. Und dann ist da noch der menschliche Faktor, bei dem die Angst vor fehlenden Bestellungen zu Überbestellungen führen kann, oder die Verwaltung von zu vielen Artikelpositionen gleichzeitig kann zu Flüchtigkeitsfehlern führen.

Wie kann Software zur Bestandsoptimierung unterstützen?

Anstatt manuell zu entscheiden, welche Mengen an Produkten zur eigenen Bestellung hinzugefügt werden sollen, kann eine passende Software auf den kommenden Vorhersagezeitraum blicken, alle Anpassungen hinsichtlich Saisonabhängigkeiten, Werbeaktionen usw. berücksichtigen und die längere Vorlaufzeit beachten. Anhand dieser Daten lassen sich dann neue, akkurate Bestellmengen und Sicherheitsbestände automatisiert berechnen.

Daraufhin erhalten Händler oder Bestandsmanager Bestellvorschläge für die betroffenen Artikel, die sie dann überprüfen und freigeben können. Auf diese Weise können sie das Risiko von Lieferengpässen während des chinesischen Neujahrsfestes deutlich verringern.

Verwendung von Lieferantenkalendern für etwaige Lieferantenstillstände

Lieferantenkalender können in entsprechender Software zur Bestandsoptimierung für jeden Lieferanten mit einem bekannten zukünftigen Stillstand eingerichtet werden. Dies kann die landesweite Ferienzeit Italiens im August, die Ferienzeit Schwedens im Juli oder sogar geplante Wartungsarbeiten in großen Produktionsanlagen umfassen.

Mit diesem Wissen im Hinterkopf sollten Bestandsmanager die jetzige und/oder zukünftige Planung mit ihren Lieferanten aus Fernost verbessern können.


Über den Autor:

Dominik Seidel ist Marketing Manager (DACH) bei EazyStock. Das Softwareunternehmen bietet cloudbasierte Software-Lösungen zur Bestandsoptimierung für mittelständische Unternehmen. Zu den Anwendern zählen Hersteller, Großhändler, Einzelhändler und E-Commerce-Unternehmen.