Der Fachkräftemangel hat die Unternehmen längst fest im Griff und der „War for Talents“ zwingt Unternehmen immer stärker nach Möglichkeiten zu suchen, um sich vom Wettbewerb abzuheben. Neben besonderen Sozialleistungen, Zugeständnissen in der Arbeitsgestaltung (wie Homeoffice, Autarkie im Rahmen der Organisation), der Vergütung, Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten und Goodies wie Firmenwagen, Handys oder Tablets auch zur privaten Nutzung etc., sind auch Faktoren wie die Standortattraktivität ein großes Thema, die es zu berücksichtigen gilt.

Und werden in dem Kontext des häufig genannten Fachkräftemangels noch immer eher Fachbereiche wie IT oder Marketing angeführt, lassen sich Rekrutierungsschwierigkeiten längst nicht mehr nur auf diese Bereiche reduzieren. Der Fachkräftemangel ist auch in der Logistik angekommen. Von der Rekrutierung neuer gewerblicher Mitarbeiter, über Auszubildende für z.B. Ausbildungsberufe wie die Fachkraft für Lagerlogistik, bis hin zu den qualifizierten Führungskräften, gibt es erhebliche Schwierigkeiten.

 

Ein Blick auf die klassischen Stellenanzeigen in den Tageszeitungen verdeutlicht dabei auch die heutige Situation. Denn die dort verwendeten Formulierungen der Stellenbeschreibungen reduzieren sich meist auf die Erwartungshaltung der Unternehmen an den zukünftigen Bewerber. Von den eigenen Leistungen und somit einem möglichen Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb, keine Spur. Denn wie bei der Kundengewinnung auch, zählt hier der erste Eindruck und natürlich ein positives „word of mouth“-Marketing, also die Mundpropaganda.

 

Die Möglichkeiten im externen und internen Recruiting

 

Hierbei zeigt die Praxis, dass besonders erfolgreiche Unternehmen eigene Wege gehen und im „War for Talents“, aber eben auch im Rahmen der generellen Mitarbeitergewinnung, eine langfristige Strategie verfolgen.

 

Neben den zusätzlichen (sozialen-) Leistungen, realisieren sie erfolgreich eine abgestimmte Mischung aus Recruiting aus der eigenen Mitte, als auch die Integration von frischen und andersartigen Ideen und Einflüssen von außen durch neue Mitarbeiter. Und zwar insbesondere auch dann, wenn die Zeit es zulässt und nicht lediglich in Wachstumsszenerien, wo die Dynamik es erfordert, dass es ein abgestimmtes und eingespieltes Team gibt, um den daraus resultierenden Herausforderungen auch gemeinsam begegnen zu können.

 

Denn die Integration neuer Mitarbeiter und auch der eigenen Mitarbeiter in neuen Aufgabenumfeldern benötigt Zeit und schafft gleichzeitig die eine, oder andere Unruhe im Unternehmen. Diese ist besser zu kompensieren, wenn sich das Unternehmen in einem „ruhigen Fahrwasser“ befindet.

 

Somit ist der „War for Talents“ schon längst für viele Unternehmen genau genommen zu einem „War for Employees“ geworden, und es wird immer anspruchsvoller einen geeigneten Nachwuchs zu rekrutieren. Zukünftig wird es somit gleichzeitig auch immer wichtiger dem Arbeitnehmermarkt, neben der eigenen Erwartungshaltung an den potenziellen Bewerber, über ein positives Employer Branding (Arbeitgebermarkenbildung) mitzuteilen, warum sich der potenzielle neue Mitarbeiter denn ausgerechnet für Ihr Unternehmen entscheiden sollte.

 

Die Praxis zeigt, dass Unternehmen zwar häufig Ziele definiert und eine Vorstellung der Entwicklung Ihrer Geschäftsbereiche haben, eine stetige Prüfung der eigenen Kultur und der zukünftigen Anforderungen an diese, jedoch nicht dauerhaft gelebt wird. Wichtig ist somit nicht allein ein Mission Statement (Unternehmensleitbild) sondern die Inhalte und Commitments daraus sollten gleichzeitig erlebbar und authentisch sein.

 

Dies ist zum einen wichtig, um zukünftig neue Mitarbeiter für das Unternehmen gewinnen zu können, als auch diese und die aktuellen Mitarbeiter zukünftig halten zu können.

 

Während der externe neue Mitarbeiter naturgemäß meist eine gute Vorstellung der neuen Aufgabe erhält, ist es für die eigenen Mitarbeiter nicht immer klar, welche Möglichkeiten sich ihnen zukünftig bieten. Eine interne Stellenbesetzungsstrategie die neue Perspektiven und auch die Anforderungen aufzeigt, ist somit hilfreich um vakante Stellen adäquat von innen heraus zu besetzen. Gleichzeitig lässt sich damit auch die Mitarbeitermotivation und Loyalität weiter stärken.

 

Der interne Karrieresprung - Wie vermeide ich Fehler?

 

Damit daraus eine dauerhaft positive Erfahrung für den Mitarbeiter und das Unternehmen resultiert, gilt es genau abzuwägen welche Kompetenzen wirklich benötigt werden. Denn die Erfahrung zeigt, dass die Schwierigkeiten eine Stelle geeignet zu besetzen überproportional ansteigen. Und zwar analog zu den steigenden Anforderungen an einen potenziellen Kandidaten.

 

Vielleicht kennen Sie die Situation aus der eigenen Erfahrung, dass der beste und zuverlässigste Kommissionierer zum Teamleiter aufsteigt, und Sie im schlimmsten Fall dadurch Ihren besten Kommissionierer verlieren, eine ungeeignete Führungskraft rekrutiert haben und dies darüber hinaus zu seiner eigenen Demotivation beiträgt. Es kommt durchaus nicht selten vor, dass so vorgegangen wird.

 

Natürlich lassen sich Fehlbesetzungen nicht grundsätzlich vermeiden. Was jedoch zu einer Vermeidung beitragen kann, ist das Definieren der Anforderungen für die neue Aufgabe unter völlig anderen Gesichtspunkten, als den bisher benötigten. Zumindest was deren Ausprägung angeht. Welche Soft/Social Skills hat der Mitarbeiter, wie sieht seine Teamfähigkeit und auch die benötigte Konsequenz aus. Diese Liste ließe sich beliebig erweitern und könnte in einem Stärken und Schwächeprofil münden.

 

Hier sei lediglich ein kurzes Beispiel genannt, das beliebig granular erstellt, und auf den entsprechenden Fokus (Weiterbildung, Stellenbesetzung) ausgerichtet werden kann, und das in diesem Fall die Stärken oder auch weniger ausgeprägten Fähigkeiten gut visualisiert.

 

Wie mit dem Fachkräftemangel umgehen.
© Randy Meinhard

 

Ein Spagat zwischen Erwartungshaltung und Unterstützung

 

Gleichzeitig ist es hilfreich dem potenziellen Stelleninhaber die bestmögliche Transparenz über die neue Aufgabe und den daran geknüpften Bedingungen zu geben. Neben den Veränderungen im Rahmen der Tätigkeiten, der Organisation, der Kompetenzen oder des zukünftigen Einkommens, sind auch die Anforderungen und die daraus resultierenden Erwartungen klar zu definieren.

 

Auch wie die Leistung bewertet wird, also die Messbarkeit und eine mögliche Unterstützung in Form von Weiterbildungsmaßnahmen, sollte Teil der definierten Erwartungshaltung sein. Im Idealfall erfolgt dies im Dialog mit dem Mitarbeiter und sollte vor Stellenantritt auch schriftlich vorliegen.   

 

Der Detaillierungsgrad ist sicherlich auch abhängig von der Unternehmenskultur, und vielleicht auch von den Mitarbeitern oder/und den Vorgesetzten. Hier sollte grundsätzlich eine gute Balance gefunden werden, denn die Praxis zeigt, dass zu detaillierte Beschreibungen eher einschränkend wirken.

 

Und da Kommunikation selten frei von Fehlern ist („das habe ich doch unmissverständlich und klar gesagt“), ist es gleichzeitig empfehlenswert vom Mitarbeiter ein Feedback zu vereinbaren, das sein Verständnis aus der Aufgabe und vielleicht auch schon seine Herangehensweise darlegt.

 

Diese Vorgehensweise lässt schon im Vorfeld einen Rückschluss darauf zu, wie der Bewerber die neue Aufgabe angehen wird, und vermittelt gleichzeitig einen Eindruck, ob die Botschaft so angekommen ist, wie es der Sender der Informationsinhalte beabsichtigt hat.

 

Auch wenn diese Vorgehensweise aufwändig klingt, so reicht es an dieser Stelle eben häufig schon einfache Mitarbeitergespräche mit den genannten Komponenten zu initiieren. Hierbei ist es empfehlenswert die geplanten Gesprächsinhalte vorher anzukündigen. Stimmen die Rahmenbedingungen dann sind diese Gespräche für beide Seiten hilfreich. Sie zeigen auf, ob ein gemeinsames Verständnis erzielt werden konnte oder nicht und ob inhaltlich nachgeschärft werden muss.

 

Hilfreich ist es auch eine „Fallback“-Strategie zu vereinbaren, für den Fall, dass trotz entsprechender Vorbereitungen eine Stellenbesetzung nicht erfolgreich war. Dies kann vielerlei Gründe haben, eine Klarheit darüber wie gemeinsam mit einer solchen Situation umgegangen wird, ist jedoch für beide Seiten wichtig und vermeidet späte und ungewollte Überraschungen.

 

Die langfristige Strategie im Rahmen der Personal- und Organisationsplanung

 

Während sich nahezu alle Unternehmen mit der strategischen Unternehmensplanung intensiv auseinandersetzen, neue Geschäftsfelder und benötigte „next Steps“ genauestens planen, Prozesse optimieren um Einsparpotenziale verfolgen etc. ist im Rahmen der daraus resultierenden Mitarbeiterbedarfsplanung und den zukünftig benötigten Stellenbesetzung durchaus ein Hang zum „Management by Accident“ zu beobachten. Jedoch genau an dieser Stelle unterscheiden sich die besten Arbeitgeber von dem Wettbewerb, denn sie verfolgen eine langfristige Strategie!

 

Ein häufig verwendeter Begriff, den auch jeder kennt und anwendet. Aber was heißt „Strategie“ denn konkret im Unternehmensumfeld und hier insbesondere bei dem gerade behandelten Thema?

 

Wenn Unternehmensstrategien dazu dienen, dass Unternehmer eine grundsätzlich Vorstellung darüber haben wie sie langfristige Ziele, unter der Berücksichtigung von möglichen Veränderungen der Unternehmensumwelt erreichen und gleichzeitig auch etwaige Schwächen reduzieren und Stärken weiter ausbauen, dann kann auch die Mitarbeiterplanung analog daraus abgeleitet und ausgelegt werden.

 

Die wachstumsbedingten, möglichen Unternehmenskrisen

 

Es ist somit auch kein Zufall, dass die Merkmale der wachstumsbedingten Organisationssprünge und den daraus resultierenden Krisen z.B. nach dem Modell von Greiner in der Unternehmensrealität, immer wieder anzutreffen sind.

 

Beginnen kleine Unternehmen meist sehr kreativ, führt Wachstum meist zu einer starken Auslastung der einzelnen Mitarbeiter und dies wiederum erfordert eine klarere Gliederung der Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten. Kurz es wird mehr Struktur benötigt, um mit dem Wachstum Schritt halten zu können, respektive um überhaupt weiteres Wachstum zu ermöglichen. Diese einzelnen notwendigen Schritte führen gleichzeitig auch zu veränderten Aufgaben ihrer Mitarbeiter (wie z.B. Führungs- und Kontrollaufgaben etc.) und diese erfordern weitere Anpassungen in der Struktur, als auch völlig andere Kompetenzen!

 

Somit ist es durchaus empfehlenswert diese möglichen Szenarien zu berücksichtigen und in die Planungen mit aufzunehmen.

 

Gleichzeitig zeigt dies eine sehr professionelle Einstellung und vermittelt im Rahmen der einzelnen Punkte wie Recruiting, Unternehmensimage, Ausbildungsstandards, interne Aufstiegsmöglichkeiten, dass auch hier nichts dem Zufall überlassen wird.

 

David vs. Goliath?

 

Doch was ist mit dem häufig geäußerten Argument, dass größere Firmen ja mit höheren Budgets und/oder Gehältern punkten können?

 

Wird eine wahrnehmbare und authentische Strategie verfolgt gilt dieses nur bedingt, denn längst nicht jeder potenzieller Bewerber möchte zukünftig auch in größeren Unternehmen, oder gar Konzernen arbeiten. Gerade hier werden die stetigen Pressemeldungen zu den Themen Gehälter oder Arbeitsumfeld zwangsläufig langfristig ihre Wirkung zeigen.

 

Gerade bei kleineren Unternehmen ist die Möglichkeit einer freieren Entfaltung ungleich höher. Gleichzeitig punkten sie oft durch die Vermeidung von komplexen Mehrliniensystemen (eine mögliche Form der betrieblichen Organisationsdarstellung) und somit mit einer übersichtlichen Organisationsstruktur und weniger Hang zur Bürokratie. Sie können damit auch schneller auf Veränderungen im Unternehmensumfeld und auf dem Markt reagieren. Stimmt für die Mitarbeiter dann noch die Aufgabe respektive die Aufgabenvoraussetzungen und das Umfeld, dann wird auch mal ein gewisses Einkommensdefizit in Kauf genommen.