In Deutschland sinkt das Briefvolumen, das Porto steigt. Zudem ist die Zustellung oft nicht so garantiert, wie man das erwartet. Doch der klassische Brief ist noch immer ungeschlagen in puncto Beweissicherung und Vertrauensstiftung. Doch auch an dieser Stelle hält die Digitalisierung Einzug - hybride Postsendungen werden aufgrund vieler Aspekte für Unternehmen immer interessanter.

Der Briefmarkt schrumpft und wird auf lange Sicht ganz verschwinden – eines der gängigsten Ergebnisse der meisten Studien zum Thema. Die Gründe dafür sind vielfältig, von der langsamen Übermittlung über die enorme Umweltbelastung beim Transport bis hin zur „altbackenen“ Wirkung von Papier. Jedoch sind Briefe in puncto Beweissicherung und Vertrauensstiftung fast unerreicht. Warum also nicht die Nachteile verbessern, um die positiven Wirkungen zu erhalten und zu nutzen.

Einen Brief in vier Stunden zu zustellen, das Büro des Versenders wirklich papierfrei zu bekommen, die Transport-Emissionen auf ein Minimum zu senken oder den Brief zu einem innovativen Produkt zu machen – das sind Aufgaben, die es anzugehen gilt! Ein Weg dahin könnte die digitale Übertragung der Inhalte sein, die am Zustellort erst gedruckt und damit in die physische Form überführt würden, eine hybride Postsendung sozusagen.

Begriff von Hybridität in der Logistik

Der Begriff „hybrid“ ist derzeit oft benutzt und selten das Gleiche. In der (Post-)Logistikbranche sehen Verlage eine hybride Leistung darin, sowohl Zeitungen als auch Postsendungen an den Kunden zu bringen. Postunternehmen verstehen hingegen oft den Mix der Postsendungen (also Paket, Brief, Einschreiben etc.) als hybride Leistung, wenn sie von ein und demselben Zusteller auf einer Tour zugestellt werden. Der hybride Brief betrifft keinen dieser Bereich, sondern beschreibt die normalerweise konträre Verbindung von digitaler und analoger Welt. 

„Normaler Brief“ vs. hybrider Brief

Der normale Brief durchläuft derzeit einen fix vorgegebenen Ablauf. Der Inhalt wird am Computer erstellt, im Büro oder zu Hause gedruckt, in ein Kuvert verfrachtet und mit einer Briefmarke versehen an das (ansässige) Postunternehmen übergeben – kurz um, der Brief landet im Briefkasten. Dann transferiert der Postdienstleister die Sendung in die eigene Sammel- und Sortierstelle, dann an den Zustellort und vom dortigen Sortierzentrum wiederum in die Zustellrouten. Ergebnis: Der Brief landet im Postkasten des Empfängers. Mittlerweile kann der Marktführer Deutsche Post auf einen hohen Prozentsatz von Briefzustellung am Tag nach dem Einwurf verweisen. Bei den regionalen Postdiensten dauert das im Schnitt mindestens einen Tag länger, die Zustellquoten sind aber ähnlich hoch wie bei der DP AG.

Ablauf Brief (derzeit vs. hybrid)

Ablauf Briefzustellung normal und hybrid
Ablauf Briefzustellung normal (li.) und hybrid (re.) | © Hybrilog

Der hybride Brief greift die ersten beiden Drittel des Brieftransfers auf und verbindet die dort notwendigen Tätigkeiten mit einer digitalen Komponente. Der Brief wird immer noch am Computer erstellt. Nach Ausfertigung sendet der Versender diesen Brief aber via verschlüsselter Übertragung an ein Druck-, Kuvertier- und Frankierzentrum, das sich in örtlicher Nähe zum Zustellort befindet. Von dort aus werden die Briefe dann an das zuständige Sortier- und Verteilzentrum geschickt. Der Brief erreicht dadurch ungeahnte Geschwindigkeiten – eine Zustellung am selben Tag ist in greifbarer Nähe.

Vorteile des hybriden Briefes

Die Vorteile vom hybriden Brief sind vielfältig. Dabei geht vor allem um einzelne Gruppen, die bestimmte positive Wirkungen für sich besonders gut reklamieren und nutzen können.

Briefendkunde (Versender/Empfänger)

Allen voran partizipiert der Versender von der hybriden Technik. Die Zustellung am gleichen Tag ist möglich, eine frühe Versendung vorausgesetzt, der Einwurf beim Empfänger am nächsten Tag praktisch garantiert. Hinzu kommt, dass der Versender die eingesparten Transportkilometer, Abgase und sonstigen Emissionen quasi ausstrahlen kann – nach dem Motto: „Wir versenden grün!“. Und damit ist nicht der Druck auf Recyclingpapier gemeint.

Ein weiteres Plus liegt in der Entwicklung eines papierfreien Briefverkehrs. Im Geschäftsbetrieb des Versenders werden Ressourcen, wie Papier, Drucktoner oder Briefumschläge, drastisch eingespart, von der nicht mehr notwendigen Bearbeitungszeit der Mitarbeiter im Unternehmen ganz zu schweigen. Hinzu kommt die Möglichkeit einer problemfreien Aktivierung einer Tracking-Funktion. Durch die Digitalisierung könnten die Abläufe innerhalb des Druck-, Kuvertier- und Frankierzentrums sowie der Weg der Postsendung im weiteren Verlauf genau wiedergeben werden.

Als neuralgischer Punkt für die Zukunft sind hierbei auch die Vorgaben der Europäischen Union in puncto E-Government zu beachten. Dabei geht es eben um die Digitalisierung der behördlichen Abläufe und die damit verbundenen verbesserten Archivierungsmöglichkeiten und Transparenzabbildungen.

Postunternehmen

Die Postunternehmen als leistende Unternehmen sind hingegen vor allem im Bereich Kostenersparnis im Vorteil. Briefe, die nicht über den Land- oder Luftweg von A nach B transportiert werden müssen, sondern schon bei der Erstellung ortsnah vorliegen, führen zu erheblichen Einsparungen. Hinzu kommt, dass die neben der Deutschen Post am Markt agierenden, privaten Postunternehmen Tochterfirmen von großen Verlags- und Medienhäusern sind. Die dort vorhandenen Druckkapazitäten ließen sich hervorragend in das Leistungsprozedere einbinden.

Der schon angesprochene E-Government-Vorstoß der EU bildet auch eine entscheidende Größe für die Briefdienste – nur das Unternehmen, das solche Leistungen anbieten kann, wird in Zukunft bei öffentlichen Ausschreibungen die Nase vorn haben.

Letztendlich ist auch der Umweltschutzgedanke ein lohnenswerter Vorteil für die Briefdienstleister. Durch eine emissionssparende Briefkultur könnte auf der einen Seite der Umwelt deutlich weniger aufgebürdet werden, auf der anderen Seite wäre dies eine hervorragende Marketing- und Akquise-Chance, um das alternde Produkt Brief neu zu beleben.

Stand der Technik – „Je einfacher, desto sinnvoller!“

Der hybride Brief hat sich in zwei verschiedenen Grundformen entwickelt. Die eine ist technisch relativ simpel – der Brief wird normal mit einem Textverarbeitungsprogramm erstellt und dann mittels des jeweiligen Drucktreibers in das „pdf“-Format überführt. Dann kann diese unveränderliche Datei in einem der Hybridbrief-Portale, wie beispielsweise hybridbrief.de vom Postnetzwerk P2, hochgeladen werden. Dann läuft der Ablauf wie oben beschrieben. Die Nachteile sind ersichtlich, die Dateien müssen mehrfach angefasst und die Umwandlungsschritte kosten schlicht Zeit und Aufmerksamkeit.

Der andere Weg ist die Integration des hybriden Briefes in die jeweiligen Textverarbeitungsprogramme bzw. die Einbindung eines Programmes auf dem jeweiligen Rechner, der das Versenden aus einem Transferordner selbständig übernimmt. Dafür muss das System naturgemäß sicher kommunizieren, wofür eine gute Verschlüsselung sorgt. Vorreiter dieser Technologie ist die Deutsche Post mit der e-Post. Trotz derzeit noch vorhandener Probleme beim Erstellen neuer Konten und der Übermittlung von Sendungen ist das technologisch der interessantere, weil kundenfreundlichere Weg. Für die regionalen Briefdienste, die meist für ein geringeres Entgelt arbeiten, gab es bis vor kurzem kein Angebot – seit Dezember 2017 ist aber easyNOVA mit einer integrierten Lösung bei hybriLOG® am Start. Wie aus Firmenkreisen verlautete, sind die ersten Ergebnisse vielversprechend. Deutlicher Vorteil für die Nutzer – beide Systeme: e-Post und easyNOVA/hybriLOG® arbeiten auf einer technisch vergleichbaren Basis und können miteinander interagieren. Damit steht einem Sendungsaustausch nichts im Wege. Ein sehr schlagendes Argument für eine weitere Ausweitung des Systems bei den regionalen Briefdiensten – zumal mit einem eigenständigen Word-Add-In der Bedienkomfort für den Endkunden sogar noch etwas besser ist als bei der Lösung des Marktführers.

Hindernisse und Zukunftsausblick

Größtes Problem ist derzeit wohl das Fehlen von Anwendungsbeispielen. Die einzelnen Branchen und Unternehmen benötigen für einen Wechsel vom klassischen Brief zur hybriden Briefsendung genügend vergleichbare Fälle. Daher zeigt sich die Entwicklung als langsamer, steiniger Weg. Aber unterstützt durch die Notwendigkeit der Umsetzung eines papierfreien Amtes im staatlichen Bereich werden hier Potenziale entstehen, die den bisherigen Briefmarkt stark beeinflussen könnten. Je mehr Möglichkeiten auch in puncto Qualität und Variabilität der Ausgabeergebnisse konzipiert werden, desto schneller und tiefgreifender wird der Wandel kommen. Entwickelt beispielsweise ein Berufsfotograf derzeit die Bilder selbst und muss diese dann verschicken, zahlt er derzeit meist einen Obolus, um sicher zu sein, dass der Brief zu einem bestimmten Zeitpunkt sicher ankommt. Böten die DKF-Zentren auch hochwertige Fotoabzüge an, wäre so manche Just-in-Time-Arbeit sicherer zu bewerkstelligen.

Derzeit laufen bei regionalen Postdiensten die ersten Pilotprojekte – die Deutsche Post intensiviert die eigenen Marketingbemühungen. Der hybride Brief überzeugt dreifach. Er ist umweltfreundlicher, schneller am Ziel und spart Kosten. Ein Zukunftsprodukt der Postlogistik!

 


 Torsten Drewes Über den Autor

Torsten Drewes ist Content Strategy Manager und Leiter der Münchner Teilagentur der fairnet medienagentur/fnsystems. Marke von fnsystems ist hybriLOG® - die Life-Cycle-Management-Lösung für KEP-Unternehmen. Durch Software werden Pakete, Einschreiben und Briefen digitalisiert aufgenommen bearbeitet und produktzyklisch begleitet.