Amazon freut sich über gigantische Steuergeschenke in Europa, Experten kritisieren die bestehende Steuerpolitik.

Für viele Arbeitnehmer und Selbständige ist die alljährliche Steuererklärung für den Staat ein Graus, aber leidige Pflicht. Doch manchmal lässt sich auch Geld sparen. Letzteres gilt auch für Unternehmen – aber eben in ganz anderen Dimensionen, wie man jetzt bei Amazons Europageschäft sieht: Der Konzern kann durch Steuergutschriften 294 Millionen Euro einsparen, berichtet der Guardian.

Warum bekommt Amazon Steuern gutgeschrieben?

Amazon Europa konnte seine Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent auf insgesamt 32 Milliarden Euro steigern. Die satte Steuergutschrift erhält das Unternehmen nach eigenen Angaben wegen dessen teuren Investitionsprogramms und des sehr wettbewerbsintensiven Einzelhandelumfelds in Europa und Großbritannien – daher habe Amazon Verluste gemacht. Amazon hat demnach einen Vorsteuerverlust von 983 Millionen Euro. 

Lizenz-Trick: So spart Amazon in Europa Steuern

Der Digital-Konzern hat 166,6 Mio Euro an Lizenzen und Lizenzgebühren gezahlt – zum Teil aber an mit Amazon verbundene Unternehmen. Steuerexperten sehen darin eine Masche, mit der der Online-Riese in bestimmten Regionen Gewinne und Steuerforderungen drücken kann. „Große Unternehmen können clevere Buchhaltungstechniken, wie die Zahlung von Lizenzgebühren an Steuerparadiese, nutzen, um den Betrag, den sie an Steuern zahlen, zu kürzen“, erklärt Robert Palmer von Tax Justice UK. Er fordert neue gesetzliche Regelungen, um derartige Schlupflöcher dichtzumachen. „Die Politiker müssen die Art und Weise, wie wir Unternehmensgewinne besteuern, verschärfen und in Ordnung bringen.“

Amazon selbst verweist darauf, dass das Unternehmen in jedem Land alle erforderlichen Steuern zahle. „Die Körperschaftssteuer basiert auf den Gewinnen, nicht auf den Einnahmen, und unsere Gewinne sind angesichts unserer hohen Investitionen und der Tatsache, dass der Einzelhandel ein äußerst wettbewerbsfähiges Geschäft mit geringen Gewinnspannen ist, niedrig geblieben“, führt ein Amazon-Sprecher aus.

Auch in den USA ist Amazon Nutznießer der Steuerpolitik: 2018 profitierte das Unternehmen sogar von einem negativen Steuersatz – und bekam 129 Millionen Dollar zurück. Die OECD arbeitet mit dem sogenannten BEPS-Projekt (Base Erosion and Profit Shifting) an einer Verbesserung der Unternehmensbesteuerung und hat im vergangenen Jahr auch einen ersten Entwurf dazu vorgelegt.