Greenpeace ruft die Menschen derzeit dazu auf, kein „Retourensohn“ zu sein. Damit will die Umweltschutz-Organisation gegen die Retourenvernichtung bei Amazon vorgehen.

Wer sich derzeit durch Hamburg bewegt, dürfte früher oder später auf die Plakate der Umweltschutz-Organisation Greenpeace stoßen: Sie machen auf die Retourenvernichtung bei Amazon aufmerksam und fordern die Betrachter eindeutig auf: „Sei kein #Retourensohn!“. Das Plakat ist unter anderem auf dem Instagram-Account greenpeace_on_tour zu sehen. Wie Greenpeace auf seiner eigenen Seite erklärt, wolle man die Kundinnen und Kunden von Amazon mit der Plakatkampagne in die Pflicht nehmen. „Denn wer drei Paar Schuhe im Netz bestellt, mit der Absicht, dass zwei davon eh wieder zurückgehen, ist Teil des Problems“, so die Umweltschützer.

„Freifahrtschein in die Müllpresse“

Greenpeace wirft dem Online-Händler vor, Retouren im großen Stil direkt zu vernichten. Amazon halte seine Verfahrensweise mit Rücksendungen und Ladenhütern „bewusst im Dunkeln“, heißt es da. Der Retourensticker auf dem Paket sei „oft der Freifahrtschein direkt in die Müllpresse“. Eine Umfrage von Greenpeace habe dabei gezeigt, dass neun von zehn Kunden gar nicht auf die Idee kämen, dass ihre Retouren vernichtet werden könnten.

Die Umweltschützer verweisen zudem auf Insider-Berichte, die von einer groß angelegten Retourenverschrottung sprechen sollen. Demnach sollen „Entsorgungsteams“ pro Person und pro Tag Warenwerte von bis zu 23.000 Euro vernichten, heißt es.

Um auf den Missstand aufmerksam zu machen und ein Umdenken zu erreichen, hat Greenpeace aber nicht nur die Plakatkampagne in Hamburg gestartet: In einem Videoclip erklärt Alexa einer Kundin, welche Umweltfolgen das zahlreiche Retournieren der Ware hat. Zudem hat Greenpeace auch eine Petition gestartet, in der Amazon dazu aufgefordert wird, die Menge an zerstörten Waren offenzulegen und keine neuwertige Ware mehr zu vernichten.

 

Wie viele Retouren werden tatsächlich unnötigerweise vernichtet?

In der Greenpeace-Petition heißt es, dass ganze 30 Prozent der Retouren im deutschen Online-Handel nicht wieder in den direkten Verkauf gelangen, obwohl sie voll funktionstüchtig und oft sogar neuwertig seien. „Irrsinnigerweise ist es für die Händler oft billiger, professionelle Kaputtmacher zu engagieren, als die Waren neu zu verpacken oder zu verschenken“, so die Organisation. Woher Greenpeace diese Zahlen hat, ist allerdings nicht ersichtlich – auf unsere Anfrage dazu hat die Organisation bislang nicht reagiert.

Denn für bare Münze kann man die Angaben von Greenpeace offenbar nicht nehmen: Zu gänzlich anderen Zahlen kommen nämlich die Wissenschaftler der Uni Bamberg, die das Retourenverhalten im Online-Handel regelmäßig im Retourentacho analysieren. Wie wir auch auf OnlinehändlerNews berichtet haben, wurden dieser Studie zufolge im Jahr 2018 12,1 Prozent aller online bestellten Artikel zurückgeschickt, wovon 3,9 Prozent – also 20 Millionen Artikel – vernichtet wurden. Und nicht alle diese Produkte waren wiederverwertbar: Die Forscher sprechen von 40 Prozent der vernichteten Artikel, die „zumindest theoretisch“ noch hätten verwertet werden können.

Amazon: Wollen keine Retouren entsorgen

Wie Amazon auf Nachfrage betont, sei es das Ziel des Unternehmens, keine Retouren zu entsorgen. Das hatte Amazon bereits im November auf seinem Day-One-Blog ausgeführt. „Amazons Ziel ist es, dass Kunden mit ihren gekauften Produkten rundum zufrieden sind. Aber Retouren kommen vor, falls Kunden einen gekauften Artikel einmal nicht verwenden können oder ihre Meinung geändert haben“, erklärt ein Sprecher nun gegenüber Amazon Watchblog.

„Bei Amazon wird der überwiegende Teil der retournierten Waren – je nach Zustand – an andere Kunden oder Restpostenhändler weiterverkauft, an die Hersteller zurückgegeben oder an gemeinnützige Organisationen gespendet. So kooperieren wir mit der gemeinnützigen Plattform innatura, die Sachspenden an karitative Organisationen vermittelt und die wir seit 2013 als Gründungspartner unterstützen. Auf diesem Weg haben mehr als 1.000 soziale Organisationen Amazon-Spenden erhalten und rund 450.000 bedürftige Menschen davon profitiert. In bestimmten Fällen können wir Produkte jedoch nicht weiterverkaufen oder spenden, z.B. aus Sicherheits- oder Hygienegründen. Wir arbeiten intensiv daran, die Anzahl dieser Produkte auf null zu senken.“