Wenn Unternehmen ausschließlich auf Amazon setzen, kann dies unter Umständen existenzbedrohend sein. Das zeigen auch die jüngsten Entwicklungen.

 

Vor wenigen Tagen machte eine Nachricht die Runde, die unter Online-Händlern für riesige Aufregung sorgte: Die US-Nachrichtenseite Bloomberg berichtete, dass sich Amazon plötzlich und unerwartet von Geschäftspartnern abgewandt habe: Konkret hätte der Konzern in den USA den Wareneinkauf bei zahlreichen – womöglich Tausenden – Vendoren gestoppt.

Als die Nachricht durch die Branche wehte, war von Panikzuständen unter den Händlern die Rede. Kein Wunder, denn gerade langjährige Partner und Zulieferer von Amazon dürften sich auf die regelmäßigen Einkäufe durch Amazon und die damit einhergehenden Einnahmen verlassen haben. Warum auch nicht?! Wenn Unternehmen bereits über einen langen Zeitraum erfolgreich als Vendoren tätig sind und eine gute Zusammenarbeit mit Amazon pflegen, sollte einer ertragreichen Zukunft ja auch nichts im Wege stehen – möchte man meinen.

Einkaufsstopp bringt Amazon einige Vorteile

Amazon teilte den betroffenen Unternehmen mit, sie sollen ihre Waren künftig über das Seller-Programm verkaufen – heißt also, statt als Großkunde von Amazon (im B2B-Bereich) zu agieren, sollen sie als „normale“ B2C-Händler an die Verbraucher verkaufen. Für Amazon hat dieser Schritt deutliche Vorteile:

Denn dadurch würde Amazon zum einen das Warenrisiko auf die Unternehmen selbst abwälzen und zugleich auch Kosten in den Bereichen Lagerhaltung sowie Logistik einsparen. „Buchen die Marktplatzpartner Fulfillment by Amazon, spült das zusätzlich zu den Umsatzprovisionen noch weiteres Geld in die Kassen des E-Commerce-Riesen“, fasst das Portal W&V zusammen. Im Prinzip kann Amazon die logistischen Lagerflächen, die vorher von Vendoren-Produkten belegt waren, also zusätzlich monetarisieren.

Alles in allem wird also gemunkelt, dass Amazon die Abkehr von den Lieferanten nutzen möchte, um die Gewinne im Bereich E-Commerce weiter anzukurbeln – und zwar selbst auf Kosten langjähriger Beziehungen mit Händlern.

Einkaufsstopp betrifft nur ausgewählte Vendoren – ist also doch nicht alles so schlimm?

Nach dem ersten Schrecken meldeten sich dann aber auch Insider zu Wort, die die erste Panik für unnötig hielten. Christian Otto Kelm, der hierzulande insbesondere auch auf Konferenzen immer wieder als Amazon-Experte zu Wort kommt, wies über Twitter darauf hin, dass es sich bei den geschassten Vendoren lediglich um solche Zulieferer handele, die nicht mit einer eigenen Brand (Marke) aufwarten können:

 

 

Doch macht es überhaupt einen Unterschied, ob Vendoren nun eine eigene Brand haben oder nicht? Für die unmittelbar Betroffenen macht dies natürlich einen Unterschied! Schließlich können die einen weiterhin als Lieferant für Amazon tätig sein und die anderen eben nicht. Doch objektiv betrachtet, zeigen die Vorgänge noch ein ganz anderes Problem, das quasi alle Partner, Händler und Zulieferer betrifft ...

Das Problem ist das fehlende Vertrauen

Pauschal lässt sich wohl sagen: Die Abhängigkeit von Amazon ist zu groß! In Medienkreisen heißt es, dass die Existenzen einiger geschasster Amazon-Lieferanten bedroht und Insolvenzen nicht auszuschließen seien. Dass Amazon nach Angaben von Bloomberg den Stopp mittlerweile bei einigen Lieferanten zurückgezogen hat, hilft dabei auch nicht wirklich viel.

Grundsätzlich begründet Amazon Prozesse und Pläne in der Regel damit, die Kunden glücklich zu machen (und eben nicht die Händler und Vendoren!). Im jüngsten Fall habe der Konzern außerdem mitgeteilt, dass man durch die Maßnahme den Fälschungen und Betrügern auf dem Amazon-Marktplatz Einhalt gebieten wolle.

Doch unabhängig von der Begründung: Den Unternehmen wurde einmal mehr deutlich vor Augen geführt, wie gefährlich es sein kann, einzig und allein auf Amazon zu setzen. Denn Partnerschaften scheinen nicht viel zu gelten, wenn es um die Optimierung der Plattform geht. Letztendlich kämpft Amazon eben für sich selbst.