Die Fülle an Online-Marktplätzen ist für viele Händler zur Ressourcenfalle geworden. Der händische Aufwand, der bereits durch eine Handvoll Produkte auf wenigen Plattformen entsteht, ist überwältigend. Der Überblick der wichtigsten KPIs geht verloren und dadurch sinkt auch die Wettbewerbsfähigkeit. Optimale Preise, hohe Rankings, die perfekte Produktpräsentation – das erfordert intensives Monitoring. Eine Lösung, die sich in den USA bereits bewährt hat, lautet KI-basierte Digital Shelf Analytics (DSA – nicht zu verwechseln mit dem Digital Services Act, ebenfalls DSA abgekürzt) und gewinnt nun auch hierzulande an Bedeutung. Ein Beispiel aus der deutschen Modebranche zeigt, wie mit DSA ein Umsatzwachstum von 6,3 Prozent und ein sechzehnfacher ROI erreicht werden kann.

Schlecht gepflegte Artikel sind schlecht für Image und Verkauf

Beim Klicken durch die letzten Seiten der Suchergebnisse von Online-Shops können Händler viel über die Not-To-Dos des E-Commerce lernen: doch nicht lieferbare Artikel, fehlende Produktdetails, unansehnliche Präsentationen oder gar falsche Angaben in der Beschreibung. All das sind behebbare Probleme, die in den digitalen Regalen („Digital Shelves“) der Marktplätze allgegenwärtig sind. Sie kratzen nicht nur am Image von Marke und Produkt, sondern verhindern auch den Abverkauf. 

Artikel, die wegen mangelnder Pflege auf die zweite Seite der Suchergebnisse rutschen, sind für Kunden quasi unsichtbar. Die Hersteller der Produkte bekommen zu diesem Zeitpunkt oft nichts davon mit. Bemerkbar macht sich die Problematik erst, wenn der Umsatz einbricht, weil die Verkäufe ausbleiben oder das Umsatzniveau hinter den Erwartungen zurückbleibt. Dann beginnt meist die große Spurensuche, denn es fehlt der Überblick über das große Ganze. 

Im Online-Handel nicht den Durchblick verlieren

Die Fülle an Daten und das schiere Maß an Marktplätzen hat Überhand genommen. Es sind nicht mehr nur Amazon und vielleicht noch Otto und Zalando, sondern oft zig Online-Shops und Verkaufskanäle, die bespielt werden müssen. Und jeder einzelne soll bitte maximal profitabel sein. Es wird klar, dass Händler und Hersteller nicht mehr hinterherkommen. Aber nur dabei zu sein, ist eben nicht alles. Durch den großen Aufwand bleibt Umsatzpotenzial an vielen Stellen einfach liegen. Das überhaupt zu wissen, die richtigen Problemstellen frühzeitig zu erkennen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen – damit beschäftigt sich diese weitestgehend neue Disziplin im E-Commerce: Digital Shelf Analytics.

Was ist Digital Shelf Analytics?

Digital Shelf Analytics (DSA) bezeichnet die Sammlung und Auswertung von produktbezogenen Daten auf E-Commerce- und Retail-Plattformen. Händler und Hersteller können so Einblick in die Performance ihrer Produkte, aber auch des Wettbewerbs erhalten. DSA geschieht größtenteils automatisiert, teilweise bereits mit KI-Lösungen und fasst übergreifend Informationen zur Marken- und Produktperformance auf einer Vielzahl von Plattformen zusammen. Die Technologie wird in den USA seit Jahren erfolgreich angewendet. Der KI-Boom der letzten Jahre hat neue Möglichkeiten geschaffen, um das Monitoring und die Analyse noch leistungsstärker zu machen.

DSA reduziert die Komplexität, schafft Orientierung und hilft, fundierte Entscheidungen zu treffen und Umsatzpotenziale zu heben. Die Möglichkeiten der DSA-Software hängen vom jeweiligen Anbieter ab und können unterschiedlich viele Plattformen beobachten oder mit einer besseren Datengrundlage auch Auskunft über Nutzerverhalten, Produktverfügbarkeit und weitere Faktoren geben. Tiefere Einblicke in die Welt der Digital Shelf Analytics bietet der XPLN-Blog.

DSA in der Praxis: Sechzehnfacher ROI

Das vergangene Jahr war nicht leicht für den E-Commerce. Umsatzeinbrüche zwangen dazu, Kosten einzusparen und gleichzeitig nach Wegen für mehr Ertrag zu suchen. Auch hier kann DSA einen sehr wichtigen Beitrag leisten. Die Technologie bietet den wirtschaftlichen Vorteil, sich auf bereits vorhandene Ressourcen und Bemühungen zu stützen. Die Platzierungen in den Marktplätzen sind da und Verkäufe finden bereits statt. DSA setzt dort an, wo die erwarteten Umsätze ausbleiben oder Potenziale ungenutzt sind. Es geht darum, mehr aus den einzelnen Produkten auf den verschiedenen Verkaufsplattformen herauszuholen. Denn die Praxis zeigt immer wieder, wie Marken, Hersteller und Händler Umsatzpotenziale verschenken.

Das Stuttgarter SaaS-Unternehmen XPLN hat für eines der führenden deutschen Modeunternehmen umfassende DSA-Maßnahmen umgesetzt. Rund 200.000 Artikel auf mehr als 40 Plattformen machten ein manuelles Monitoring unmöglich. Das Unternehmen setzte deshalb auf DSA, um Transparenz und die richtigen Erkenntnisse zu gewinnen: Wie gut performen unsere Produkte? Wo stecken ungenutzte Ertragspotenziale? Mit der Implementierung von DSA konnte der Konzern automatisiert und mit KI-Unterstützung „Abverkaufsblocker“ identifizieren, darauf fundierte Entscheidungen treffen und so die Performance optimieren.

Wo Fehler den Umsatz bremsen

Dabei konnte die SaaS-Lösung einige Problemstellen identifizieren und beseitigen. So benachrichtigt die DSA-Software die Verantwortlichen über Ranking-Einbußen bei Suchergebnissen und liefert automatisiert die möglichen Gründe – etwa unzureichende Inhalte wie zu kurze Texte oder mangelhafte Bilder. Sie prüft zudem kontinuierlich die Produktverfügbarkeit – und nicht nur der eigenen Ware. So kann beispielsweise ein gerade ausverkauftes Konkurrenzprodukt die ideale Möglichkeit bieten, um über Retail Media den eigenen Artikel bei den richtigen Keywords prominent zu platzieren. 

Mit den Analysen lassen sich zudem Kundenrezensionen verschiedener Marktplätze und Plattformen zusammenführen und verdichten. Dadurch können häufige Beschwerden, Fehler und somit Produkt- und Serviceoptimierungen schnell identifiziert werden, was sich unter anderem positiv auf die Konversionsrate und Retourenquote auswirkt. 

Mithilfe von DSA konnte sich das Großunternehmen einen stets aktualisierten Überblick über ihr gesamtes Sortiment – alle 200.000 Produkte verschaffen. Durch die kombinierten Maßnahmen konnte sich die Konversionsrate um 0,3 % und das Umsatzwachstum um erhebliche 6,3 % steigern. Für den Großkonzern bedeutete das am Ende des Tages einen sechzehnfachen ROI – und das nur durch das Ausreizen von Ressourcen, die bereits vorhanden waren.

Im englischsprachigen Teil der Welt hat sich DSA schon bewiesen. Im DACH-Raum ist die Technologie noch nicht verbreitet. Mit den ständigen Weiterentwicklungen und neuen Anbietern wird sich das in den kommenden Jahren ändern, denn die Umsatzpotenziale sind da und offensichtlich. Man muss nur wissen, wo sie zu suchen und zu finden sind.
 



Über den Autor

Sebastian Klumpp / XPLN

Sebastian Klumpp ist Geschäftsführer des Stuttgarter SaaS-Unternehmens XPLN. Er gilt als führender Experten für Digital Shelf Analytics im DACH-Raum und hat bereits über zwanzig Jahre Erfahrung im E-Commerce.

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