Getragene Schuhe, Unterwäsche oder Matratzen: Die meisten Artikel, die man online bestellen kann, können – zum Leidwesen der Unternehmen – problemlos wieder retourniert werden. Doch als Gegenstück dazu liefert das Gesetz eine nicht unbeachtliche Liste an Waren, die aus bestimmten Gründen ausnahmsweise nicht zurückgesendet werden können. Diese haben wir uns nun einmal angeschaut und erklären sie näher.

Widerrufsrecht ja, aber nicht grenzenlos

Das Widerrufsrecht wird grundsätzlich einschränkungslos gewährt, um Verbraucherinnen und Verbraucher vor versehentlichen oder unüberlegten Käufen zu schützen. Die Retourenmöglichkeit darf also jede Person zu ihren Gunsten nutzen, ohne sich den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gefallen lassen zu müssen. Ein Widerrufsrecht besteht zunächst beim Kauf von allen Waren, auch bei reduzierten Artikeln, B-Ware und gebrauchten Produkten, wenn man darüber in der Widerrufsbelehrung informiert hat. Das gilt prinzipiell auch für die Beschädigung oder Benutzung. Sie führt per Gesetz gerade nicht zu einem Ausschluss des Widerrufsrechts, sondern lediglich zu einem Anspruch auf Wertersatz bis zur vollen Höhe des Kaufpreises.

Das Widerrufsrecht besteht laut Gesetz jedoch bei einigen Artikeln überhaupt nicht, um Unternehmen vor unvermeidbaren finanziellen Verlusten zu schützen, oder es kann durch eine bestimmte Handlung erlöschen. Nachfolgend schauen wir uns die Wichtigsten näher an. 

Die Ausschluss- und Erlöschensgründe im Überblick

Das Gesetz legt fest, dass das Widerrufsrecht nicht bei Verträgen über die folgenden Waren besteht beziehungsweise dieses vorzeitig erlöschen kann:

Waren, die nach Kundenspezifikation hergestellt oder auf persönliche Bedürfnisse zugeschnitten sind

Hier werden sich einige Shops wiederfinden, denn sei es das gravierte Schmuckstück oder das bedruckte Fotokissen: All diese und viele weitere Produkte sind nach einer Individualisierung komplett unbrauchbar und damit doch eigentlich vom Widerruf ausgeschlossen? Das Gesetz ist jedoch sehr streng: Die Ware muss anderweitig nicht oder nur mit unzumutbaren Preisnachlässen abgesetzt werden können, z. B. Maßkleidung, gravierte Schmuckstücke usw.

In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass für individualisierte Produkte, die leicht demontiert werden, ein Widerrufsrecht nach wie vor besteht. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein nach Kundenwünschen zusammengebauter PC verkauft wurde und die einzelnen Komponenten ohne Probleme wieder voneinander trennbar sind. Urteile gibt es bereits zu Sofas oder Wintergärten.

Verderbliche Waren oder Waren, deren Verfallsdatum schnell überschritten würde

Es versteht sich von selbst, dass Lebensmittel oder andere schnell verderbliche Waren ausgeschlossen sind, z. B. Schnittblumen, Frischfleisch usw. Im Umkehrschluss sind Lebensmittel nicht automatisch vom Widerrufsrecht ausgeschlossen, wenn sie nicht schnell verderblich sind, z. B. Tee, Gewürze, Kekse.

Versiegelte Gesundheits- oder Hygieneartikel

Dieser Widerrufsgrund erregte in den letzten Jahren besonders viel Unverständnis bei Unternehmen, denn viele fanden ihr Sortiment wie Medikamente, Unterwäsche oder Erotikartikel hierin wieder, wurden jedoch von den Gerichten enttäuscht. Es ist zunächst zu prüfen, ob es sich im konkreten Fall um Gesundheits- oder Hygieneartikel handelt. Produkte, die bei gewöhnlicher Verwendung Hautkontakt haben, werden in aller Regel als Hygieneprodukt eingestuft. Das ist beispielsweise bei Cremes und Deorollern der Fall.

Nicht als Hygieneprodukt gilt allerdings eine Matratze, obwohl es durch ein Probeliegen zu Hautkontakt kommen kann. Gradmesser für die Beurteilung ist auch das mögliche Ekelgefühl, welches bei dem durchschnittlichen Menschen ausgelöst wird, wenn er ein durch eine fremde Person bereits benutztes Produkt erhält.

Nicht ausgeschlossen sind wieder zu reinigende Artikel (z. B. durch Abwaschen, Desinfizieren). Im zweiten Schritt muss die entsprechende Versiegelung entfernt worden sein. In den meisten Fällen werden Artikel, beispielsweise Erotikartikel oder Medikamente gar nicht versiegelt, sondern lediglich mit einer Cellophanhülle versehen. Eine solche Cellophanhülle stellt jedoch kein Siegel dar. Dies wäre nur dann der Fall, wenn mit der Versiegelung ein Hinweis auf den Ausschluss des Widerrufsrechts angebracht wäre. 

Versiegelte Ton- und Bildträger sowie Software

Ein Spiel für die Playstation kaufen und anschließend retournieren? Ein E-Book lesen und dann das Geld wieder bekommen? Ein ganzes Geschäftsmodell wäre geboren, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher davon wüssten. Mit der Benutzung der analogen Software ist ein Widerrufsrecht nicht automatisch ausgeschlossen. Aber auch hier geht der Gesetzestext noch weiter, denn auch bei diesen Artikeln muss deren Versiegelung entfernt werden, um das Widerrufsrecht zu Fall zu bringen. Voraussetzung auch hier: an der Versiegelung wird ein Hinweis auf den Ausschluss des Widerrufsrechts angebracht. Das Widerrufsrecht erlischt dann, wenn die versiegelte und mit dem Warnhinweis versehene Verpackung geöffnet wird. Für digitale Inhalte gilt leider regulär das Widerrufsrecht, wenn es nicht wie bei einer Dienstleistung zu Fall gebracht wird. Dazu gleich mehr.

Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierte

Viele dürfte es überraschen, doch auch Zeitungen-, Zeitschriften- oder Illustrierten-Abonnement-Verträge unterliegen dem Widerrufsrecht. Der Abschluss eines Abo-Vertrages kann also widerrufen werden, die Lieferung einer Einzelbestellung hingegen nicht.

Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung (nicht zu Wohnzwecken), Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht

Die Buchung eines Hotelzimmers und von Online-Kursen oder der Kauf von Tickets für Veranstaltungen sind vom Widerrufsrecht ausgeschlossen. Hiermit sollen die Unternehmen vor der Situation geschützt werden, dass sie bestimmte Plätze zur Verfügung stellen oder andere Aufwendungen haben (beispielsweise die Zubereitung von Essen) und diese durch den Widerruf nicht mehr anderweitig vergeben können. 

Dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten

Online kann man mittlerweile sogar bequem und einfach einen Handwerksbetrieb oder ähnliches organisieren. Soweit die Auftraggebenden das Unternehmen ausdrücklich aufgefordert haben, diese Arbeiten dringend durchzuführen, besteht kein Widerrufsrecht.

Wett- und Lotteriedienstleistungen

Angebote aus dem Bereich Glücksspiel können logischerweise nicht widerrufen werden, es sei denn, dass die Vertragserklärung telefonisch abgegeben oder der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde.

Dienstleistungen

Die Voraussetzungen, um sich auf das Erlöschen des Widerrufsrechts zu berufen, sind auch hier denkbar eng. Dieses vorzeitige Erlöschen ist an folgende Bedingungen geknüpft: Die Kundschaft muss ausdrücklich zugestimmt haben, dass mit der Erbringung der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen wird, diese Zustimmung muss durch das Unternehmen mittels dauerhaften Datenträgers, also beispielsweise per E-Mail, an die Kundschaft übermittelt werden und die Kundschaft muss bestätigen, dass sie weiß, dass das Widerrufsrecht durch den Beginn der Leistungserbringung erlischt. Nur, wenn diese drei Voraussetzungen vorliegen, erlischt das Widerrufsrecht vorzeitig. Fehlt auch nur eine Voraussetzung, so besteht das Widerrufsrecht wie gewohnt.

Der Wille war da …

Beim Lesen wird schnell klar, dass der Gesetzgeber nur sehr spezielle Fälle berücksichtigt hat und Unternehmen mit dem durchschnittlichen Warensortiment an Bekleidung, Technik oder sonstigen Gegenständen des täglichen Lebens kaum einen Grund für sich beanspruchen können. Generell müssen Online-Shops daher in Zweifelsfällen ein Widerrufsrecht gewähren und bestellte Ware im Internet zurücknehmen. Wer nicht über das bestehende Widerrufsrecht belehrt oder auf seiner Webseite pauschale und unzutreffende Hinweise wie „Dieser Artikel wird nicht zurückgenommen“ verwendet, kann dafür wegen einer Irreführung abgemahnt werden. 

Es gab immer wieder Bestrebungen, die Ausschluss- und Erlöschensgründe anzupassen. Bisher wurde jedoch keine Gesetzesänderung ernsthaft diskutiert.

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