Ein Suizidversuch ist immer erschreckend und beängstigend. So auch im aktuellen Fall bei Amazon – dort hatte sich vor Kurzem ein Mitarbeiter aus dem zwölften Stock der Unternehmenszentrale gestürzt. Viele Kollegen nutzen nun eine anonyme App, um sich über den Vorfall auszutauschen.

Viele Hunderte Amazon-Mitarbeiter in den USA nutzen derzeit die anonyme App „Blind“. Hintergrund ist ein tragischer Vorfall bei Amazon, der vor wenigen Tagen bekannt wurde (wir berichteten): Dabei hatte sich ein Mitarbeiter aus der Firmenzentrale des Unternehmens gestürzt – in dem Versuch, sich das Leben zu nehmen. Der Mitarbeiter überlebte den Sprung aus dem zwölften Stock.

Im Vorfeld hatte der Mann um Versetzung gebeten. Stattdessen wurde ihm mitgeteilt, dass er Mitarbeiterverbesserungsmaßnahmen absolvieren muss – nicht selten enden diese bei Nicht-Erfolg mit der Kündigung. In einer E-Mail erklärte er, dass er sich schlecht behandelt fühlt, und schickte diese vor dem Suizidversuch an alle Kollegen und auch an Unternehmenschef Jeff Bezos. Obwohl der Suizidversuch nicht glückte, sitzt der Schock in der Belegschaft tief.

„Unter den Teppich gekehrt“: Amazons Umgang mit Suizidversuch

Die App sei ein Weg, sich anonym mit anderen Amazon-Mitarbeitern auszutauschen. Wie Business Insider schreibt, haben bereits mehr als 200 Personen ihre Gedanken über den Selbstmordversuch veröffentlicht.

In den Beiträgen wird unter anderem angeprangert, dass Amazon keine Stellung zum Thema bezieht und sich nach dem Vorfall nicht an seine Mitarbeiter gewandt hat. Das Unternehmen versuche, das Thema „unter den Teppich zu kehren und so zu tun, als wäre nichts passiert“, schreibt beispielsweise ein Nutzer der App.

Auch die Nutzung des sogenannten PIP-Sytems wird massiv kritisiert. Dieses ziele darauf ab, „unterdurchschnittliche Mitarbeiter“ aufzulisten, die dann möglicherweise gekündigt werden. Dieses System schaffe eine überaus stressige und aufreibende Arbeitsumgebung. Mitarbeiter berichteten davon, dass sie vor Stress und Versagensängsten gesundheitliche Probleme oder gar Depressionen bekamen. Auch an anderen Stellen sei der Druck von oben schier unerträglich.

Amazon nicht Schuld an Suizidversuch

Während die Kritik an Amazon in vielen Beiträgen groß ist und der Druck sowie die Arbeitsbedingungen vor Ort häufig infrage gestellt werden, gibt es jedoch auch andere anonyme App-Nutzer, die davor warnen, den Vorfall zu sehr auf Amazon zu münzen. Arbeitsdruck gäbe es auch in anderen Unternehmen und Amazon selbst sei nicht schuld daran, dass sich ein Mitarbeiter versucht hat, umzubringen. Vielmehr sei dieser Vorfall ein Phänomen der modernen Arbeitswelt.

Welche Meinung man auch vertritt – der Suizidversuch schlägt Wellen, führt zu Ängsten, Diskussionen und wirft einen kritischen Blick auf die Lage vor Ort.