Ist es rechtens, wenn Amazon von seinen Kundinnen und Kunden Geld für den Rückversand einer defekten Ware verlangt?

In welchen Fällen verlangt Amazon die Kosten für eine Rücksendung?

Die Zeiten kostenloser Retouren könnten bald vorbei sein. Viele große Unternehmen wie H&M oder Bestseller (bekannt für die Marken Only oder Vero Moda) haben bereits die Daumenschrauben angelegt und verlangen die kompletten oder zumindest einen anteiligen Pauschalbetrag im Falle einer Rücksendung der Waren. Das betrifft jedoch derzeit nur Widerrufsfälle, also Fälle, in denen die Kundschaft die Ware grundlos zurücksendet. Auch Amazon übernimmt im Falle eines Widerrufs die Kosten für die Rücksendung nicht pauschal, sondern legt sie den Kundinnen und Kunden auf.

Neu ist jedoch, dass Amazon auch in Gewährleistungsfällen die Kosten für eine Rücksendung nicht mehr in jedem Fall tragen werde. Ein einheitliches Muster sei hier jedoch nicht zu erkennen, teilweise komme es auf die Art der Retoure (verpackt oder unverpackt) an.

Ist es legal, wenn Amazon die Retourenkosten auf die Kundschaft umlegt?

Es kommt darauf an, ob ein Widerruf oder ein Gewährleistungsfall vorliegt. Es steht Amazon frei, ob das Unternehmen die Rücksendekosten bei einem Widerruf selbst tragen möchte oder der widerrufenden Person auferlegen will. Hierfür genügt ein Zusatz in der Widerrufsbelehrung, in welchem auf die Kostenfolgen hingewiesen wird. Ebenfalls könnte Amazon entscheiden, ob sich die Kundschaft selbst um den Rücktransport kümmern muss oder der Shop die Ware wieder abholt oder abholen lässt.

Wenn eine Käuferin beispielsweise eine Kaffeemaschine mit Transportschaden (Defekt) oder statt eines Italienisch- ein Spanisch-Wörterbuch bekommen hat (Falschlieferung), liegt ein Gewährleistungsfall vor und die Käuferin hat den Schaden und somit auch die nun nötige Rücksendung nicht zu verantworten. Muss die mangelhafte Ware wieder an Amazon zurückgesendet werden, entstehen dafür natürlich Kosten, die von Amazon zu zahlen sind. Im Gesetz heißt es dazu: „Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.“ Es ist nicht rechtens, die Kosten der Kundschaft in Rechnung zu stellen.

Wichtig ist, dass der Person mindestens eine kostenfreie und zumutbare Retourenoption zur Verfügung gestellt wird. Es wäre also statthaft, die unverpackte Retoure gegenüber der verpackten Sendung kostenmäßig zu bevorzugen und nur erstere kostenfrei anzubieten bzw. bei anderen Retourenoptionen beispielsweise ein kostenloses Retourenlabel zur Verfügung zu stellen. Für die Kundschaft wäre das kein Nachteil. Nicht statthaft wäre es jedoch, wenn die Rücksendung der defekten Ware nur mit einem sehr wenig verbreiteten Versanddienstleister übernommen würde.

Amazon hat die Kosten auch unmittelbar direkt zu bezahlen, also etwa durch vorherige Überweisung oder indem ein passendes Versandlabel zur Verfügung gestellt wird. Amazon darf nicht abwarten, bis die Ware erhalten und geprüft wurde. Es gibt keine Vorschusspflicht für Endkund:innen.

Wer trägt die Kosten für Versand (und Prüfung) bei unberechtigten Mängeln?

Besonders technische Geräte mit Bedienungsanleitung in fremder Sprache sind vom Laien nicht einfach zu bedienen. Viele Kunden und Kundinnen könnten nun dem Irrtum unterliegen, es läge ein Defekt vor. Nach einer Überprüfung durch Amazon würde dann beispielsweise aber festgestellt: Das Produkt ist einwandfrei, es wurde nur falsch bedient.

Stellt sich ein gerügter Mangel nach einer Überprüfung als unberechtigt heraus, handelt es sich um ein sogenanntes unberechtigtes Mangelbeseitigungsverlangen. Solche Situationen könn(t)en einen Schadensersatzanspruch vonseiten Amazon begründen. Ein Schadensersatz darf jedoch nur verlangt werden, wenn der Käufer oder die Käuferin erkannt hat oder fahrlässig verkennt, dass gar kein Mangel vorliegt, sondern die Ursache für die von ihm beanstandete Erscheinung in seinem oder ihrem eigenen Verantwortungsbereich liegt.

Dann dürfte Amazon die unnötig angefallenen Kosten für Versand und Prüfung in Rechnung stellen. Hier gibt es derzeit jedoch keinerlei Bestrebungen durch Amazon, solche Ansprüche durchzusetzen.

Darf Amazon auf den Rückversand defekter Ware verzichten?

Gerade große Unternehmen wie Amazon überlassen die kaputte Ware bislang oft ihrer Kundschaft, denn das schont die Umwelt durch unnötige Retouren, besonders im niedrigpreisigen Sektor. Das jedoch ist ein Wettbewerbsvorteil gegenüber kleineren Unternehmen, die die mangelhafte Ware für den Lieferantenregress benötigen oder es sich nicht leisten können, defekte Ware zu ersetzen, ohne sie vorher zu prüfen. Seit 2022 und der Umsetzung der Warenkaufrichtlinie ist Amazon sogar verpflichtet, die Ware (auf Kosten des Marktplatzes) zurückzunehmen.

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