Amazon will sich freiwillig dazu bekennen, bestimmte Dritthändler-Daten nicht mehr zu analysieren und die Buybox sowie den Zugang zu Prime fairer zu gestalten. Damit will der Konzern dem Druck der EU-Kommission entgegenwirken und Geldstrafen vermeiden. Online-Händler können der Kommission bis zum 9. September Feedback zu den Vorschlägen von Amazon geben.

 

Amazon hat gegenüber der EU-Kommission angeboten, künftig keine nicht-öffentlichen Daten mehr, die durch Verkäufe von Dritthändlern generiert wurden, für den eigenen Verkauf zu analysieren. Außerdem soll der Zugang für Händler zur Buybox und zu Prime fairer gestaltet werden. Der Konzern will diese Maßnahmen umsetzen, wenn im Gegenzug die Untersuchungen der Kommission zu möglichen Wettbewerbsverstößen des Konzerns beendet werden. 

Diese Untersuchungen laufen teilweise seit mehr als drei Jahren und es drohen hohe Geldbußen im Falle von Verstößen. Nun will die Kommission die Vorschläge von Amazon prüfen und hofft auf Mitwirkung der gewerblichen Nutzer des Marktplatzes. Bis zum 9. September können auch Online-Händler der Kommission Feedback zusenden. 

Das will Amazon künftig ändern

Datennutzung: Wenn Online-Händler auf dem Amazon Marketplace Verkäufe tätigen, werden Transaktions- und Nutzerdaten generiert, auf die die Dritthändler keinen Zugriff haben. Amazon kann diese Daten jedoch auswerten. Das ist besonders problematisch, weil Amazon auf dem Marktplatz selbst als Verkäufer auftritt und im Wettbewerb mit seinen gewerblichen Nutzern steht. Die Nutzung der Daten stellt dabei einen unfairen Wettbewerbsvorteil dar. 

Deswegen will sich Amazon dazu bekennen, keine nicht-öffentlichen Daten mehr für den eigenen Verkauf zu nutzen und zu analysieren, die von gewerblichen Händlern auf dem Marktplatz generiert wurden, zu denen Amazon in einem Wettbewerbsverhältnis steht. Das betrifft dann etwa Daten zu Verkaufszahlen, Umsätzen, Logistik, Kundenverhalten oder Verkäuferperformance. 

Das bedeutet nicht zwingend, dass Amazon aufhört, diese Daten zu nutzen. Vielmehr ist denkbar, dass Amazon diese Daten auch für Dritthändler auf dem Marktplatz öffentlich machen wird. 

Buybox: Die Buybox ist einer der wichtigsten Verkaufsbooster auf dem Amazon-Marktplatz. Die meisten Kunden kaufen direkt bei dem anbietenden Händler, der in diesem Bereich von Amazon angezeigt wird. Wie genau die Vergabe an Händler aber funktioniert, hält Amazon seit jeher geheim. 

Amazon verspricht hier, dass es künftig keine Selbstbevorzugung für Amazon-Produkte für die Vergabe der Buybox geben soll. Der Konzern will alle Verkäufer auf der Plattform gleich behandeln. Zudem soll ein zweites konkurrierendes Angebot direkt angezeigt werden, „wenn es ein zweites Angebot gibt, das sich hinsichtlich des Preises und/oder der Lieferung hinreichend von dem ersten unterscheidet“, wie die Europäische Kommission verkündet.  

Amazon Prime: Auch die Kriterien für die Qualifikation von Händlern für Prime sollen gelockert werden. Prime-Verkäufer sollen künftig frei entscheiden können, welche Dienstleister sie für Logistik und Versand wählen und die Konditionen individuell aushandeln können. Außerdem will Amazon nicht weiter über Prime erhaltenen Informationen über die Bedingungen und Leistungen von Drittanbietern für seine eigenen Logistikdienste verwenden. 

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Hintergrund: Amazon drohen hohe Geldbußen

Die jetzt vorgelegten Vorstöße Amazons kommen nicht überraschend, sondern waren in den vergangenen Wochen schon durchgesickert. Das Ziel des Unternehmens ist es, die Untersuchungen der EU-Kommission zu beenden. Seit 2019 ermittelt die Kommission zu möglichen Wettbewerbsverstößen Amazons mit Daten von gewerblichen Nutzern. 2020 startete eine weitere Untersuchung zur Buybox und Prime. In den Untersuchungen kam die Kommission bisher zum vorläufigen Schluss, dass es zu Wettbewerbsverstößen durch Amazon kam und dass sich der Konzern selbst bevorzugt. Deshalb drohen Amazon hohe Bußgelder. 

Allerdings ist es Unternehmen möglich, im Falle solcher Untersuchungen, freiwillig eigene Zusagen vorzuschlagen, um Verstöße abzustellen. Die EU-Kommission kann dann entscheiden, ob sie die Vorschläge annimmt und die Unternehmen darauf verpflichtet. Für die Unternehmen hat das den Vorteil, dass Bußgelder umgangen werden können. Sollten die Zusagen jedoch verletzt werden, drohen ebenfalls Strafen in Höhe von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. 

Händler können der EU-Kommission bis zum 9. September Feedback geben

Die Kommission wird in den nächsten Wochen prüfen, ob sie die Vorschläge für Zusagen von Amazon annimmt. Dabei befragt sie auch alle interessieren Parteien. Bis zum 9. September können Online-Händler der Kommission schildern, was sie von den Vorschlägen von Amazon hält. Die vollständigen Vorschläge Amazons kann man in englischer Sprache bei der EU-Kommission (hier klicken) einsehen. Wann und wo die Konsultation der Online-Händler stattfindet, ist aktuell noch nicht bekannt. 

Amazon lässt Prime-Nutzer schneller kündigen

Es ist bereits das zweite Mal in diesem Monat, dass Amazon freiwillige Zusagen an die EU-Kommission macht. Bereits Anfang Juli hatte der Konzern bekannt gegeben, Prime-Nutzer schneller kündigen zu lassen. Dies war eine Reaktion auf eines gemeinsamen Beschwerdeverfahrens mehrerer europäischer Verbraucherschutzorganisationen. 

Update 20.07.2022: Amazon ist „mit etlichen Schlussfolgerungen der EU-Kommission nicht einverstanden“

Amazon selbst sieht die Schlüsse, die die EU-Kommission in ihren Untersuchungen gezogen hat, kritisch. Gegenüber dem Amazon Watchblog erklärte eine Amazon-Specherin: „Obwohl wir ernsthaft darüber besorgt sind, dass der Digital Markets Act Amazon und einige andere US-Unternehmen in unfairer Weise ins Visier nimmt, und wir mit etlichen Schlussfolgerungen der Europäischen Kommission nicht einverstanden sind, haben wir konstruktiv mit der Kommission zusammengearbeitet, um ihre Bedenken auszuräumen und unsere Servicebereitschaft für europäische Kund:innen und die mehr als 185.000 europäischen kleinen und mittleren Unternehmen, die in unseren Stores verkaufen, zu erhalten. Kein Unternehmen kümmert sich mehr um kleine Unternehmen oder hat in den letzten zwei Jahrzehnten mehr getan, um sie zu unterstützen, als Amazon.“

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