Verdi kritisiert Amazon Deutschlands Umgang mit seinen Mitarbeitern in der Coronakrise und wirft dem E-Commerce-Riesen sogar krankheitsbedingte Kündigungen vor.

Für die Angestellten in Amazons Logistiklagern weltweit wird die Arbeit durch den E-Commerce-Boom in der Coronakrise noch stressiger – dazu kommt noch die drohende Gefahr einer Ansteckung mit dem Virus in den Lagern. Amazon musste für seinen Umgang mit dem Coronavirus bereits mehrfach Kritik einstecken, unter anderem wegen des Weiterbetriebs von Verteilzentren in Spanien – obwohl dort Krankheitsfälle auftraten.

Verdi-Kritik an Amazon: „Profit statt Gesundheit“

Jetzt kritisiert auch die Gewerkschaft Verdi Amazons Verhalten gegenüber seinen deutschen Mitarbeitern. Amazon habe in Zeiten des grassierenden Coronavirus auch krankheitsbedingte Kündigungen ausgesprochen, wirft die Gewerkschaft dem Online-Riesen vor. „Dieses Vorgehen zeigt den Zynismus eines Unternehmens, bei dem es vornehmlich um Profite, nicht aber um die Gesundheit der Beschäftigten und ihrer Familien geht“, sagt Orhan Akman, Bundesfachgruppenleiter für den Einzel- und Versandhandel bei Verdi.

Krankheitstage: Amazon soll Beschäftigte in Leipzig unter Druck setzen

Thomas Schneider von Verdi Leipzig erklärt auf Anfrage von Amazon Watchblog das kritisierte Vorgehen des Online-Riesen genauer. „Mitarbeiter und Betriebsräte berichten mir, dass bei der Betrachtung von Krankheitstagen lange Zeiträume von bis oder auch über drei Jahre bewertet werden. Dabei wird oftmals keine Rücksicht auf Gründe der Krankschreibungen Rücksicht genommen. Es wird nur die Anzahl der Krankentage berücksichtigt.“ Ziel sei es, die Mitarbeiter, die nach Amazons Ansicht zu häufig krank seien, aus dem Betrieb zu drängen. Vor einer möglichen Kündigung gebe es bei Amazon Leipzig sogenannte „Fürsorgegespräche“, die die Beschäftigten unter Druck setzen sollen, keinen Krankenschein abzugeben.

In der Kritik steht auch die von Amazon angekündigte Lohnerhöhung für Mitarbeiter in den USA, dem Vereinten Königreich und auch in Deutschland. Denn diese gelte gar nicht überall und nur als Anwesenheitsprämie. „Das führt dazu, dass sich Beschäftigte in dieser Corona-Krisenzeit krank zur Arbeit schleppen und damit eine Gesundheitsgefährdung für ihre Kolleginnen und Kollegen darstellen“, moniert Akman. Ähnliche Vorwürfe gab es auch in den USA, wo die Amazon-Mitarbeiter nicht auf den Lohn verzichten können. In den Vereinigten Staaten können sich Amazon-Angestellte zwar zwei Wochen freistellen lassen – allerdings unbezahlt. 

Krankheitsbedingte Kündigung? Amazon weist die Vorwürfe zurück

Amazon hat die Vorwürfe der krankheitsbedingten Kündigungen zurückgewiesen. „Jeder weiß, dass eine Erkrankung wie Corona keine Grundlage für eine krankheitsbedingte Kündigung wäre“, erklärt Amazon-Sprecher Stephan Eichenseher auf golem.de. „Wir haben proaktive Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter ergriffen, darunter eine verstärkte Reinigung in allen Standorten und Maßnahmen, um den Abstand am Arbeitsplatz sicherzustellen. Zudem haben wir auch die Zustellung verändert, um einen sicheren Abstand zwischen Fahrern und Kunden bei Lieferungen zu gewährleisten.“

Verdi liegt seit Jahren mit Amazon im Streit und fordert nicht nur jetzt die allgemeine Erhöhung der Gehälter bei Amazon und bessere Schutzmaßnahmen in den deutschen Verteilzentren. Amazon-Chef Jeff Bezos hat gerade erst in einem Brief den Amazon-Mitarbeitern weltweit persönlich gedankt. Und dabei unter anderem auch auf das Problem fehlender Schutzmasken in den Amazon-Lagern hingewiesen: Derartige Masken seien derzeit Mangelware und würden zuerst an Krankenhäuser und Kliniken geliefert.