Gute und ansprechende Produktdarstellungen sind für 42 Prozent der deutschen Online-Kundschaft ausschlaggebend für ihre Kaufentscheidung, wie erst kürzlich eine Untersuchung des ECC Köln zeigte. Doch Produktpräsentation kann noch mehr: Je besser Produkte im Online-Shop oder auf Marktplätzen wie Amazon dargestellt sind, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass man das passende Produkt findet – und es dann eben auch nicht wieder zurücksendet.

Wie genau hängt die Bebilderung im Amazon-Shop mit Retouren zusammen? Und an welchen Stellschrauben können Handelsunternehmen drehen, um ihre Verkaufs- und Umsatzzahlen durch die richtige Präsentation zu steigern und die Rücksendungen zu reduzieren? Das und seine drei wichtigsten Tipps für das diesjährige Weihnachtsgeschäft verrät Benjamin Schönle von Converts im Gespräch mit OHN.

Ein gutes Produktbild ist wie ein 1A-Verkaufsgespräch im Laden

Onlinehändler News: Welche Rolle spielen Produktbilder für die Kaufentscheidung?

Benjamin Schönle: Die Rolle der Produktbilder wird sehr schnell klar, wenn wir uns einmal folgendes vorstellen: Was halten denn die Kunden beim Kauf auf Amazon in der Hand bzw. welches Mittel haben die Kunden denn, um letztlich zu entscheiden? Das Produkt selbst? Nein. Digital unmöglich. Natürlich übernehmen diese Aufgabe die Produktbilder.

Produktbilder sind im Online-Shopping das, was das Schaufenster im Einzelhandel ist – der erste Eindruck, der entscheidet. Wenn du auf Amazon unterwegs bist, hast du das Produkt ja nicht physisch in der Hand. Stattdessen sind es die Bilder, die für das Produkt sprechen; gute Bilder sind also dein bester Verkäufer. Sie müssen realistisch sein und eine klare Erwartungshaltung schaffen, damit der Kunde weiß, was er bekommt. Man könnte sagen: Ein gutes Produktbild ist wie ein 1A-Verkaufsgespräch im Laden – es zeigt, erklärt und überzeugt.

Haben sich die Anforderungen verändert?

Überraschung: Nein! Die Erwartung der Kunden, ein umfassendes Bild des Produkts zu bekommen, hat sich nicht verändert. Das Einzige, was sich verändert hat, ist die Tatsache, dass immer mehr Anbieter, sprich Händler, in höhere Qualität der Produktbilder investieren. Und klar ist: Qualität bemisst sich nicht nur an der handwerklichen Qualität der Bilder, sondern an der Ähnlichkeit zu einer 5-Sterne-Erfahrung im Einzelhandel. Dennoch gibt es genügend Amazon-Händler, die es nicht verstehen, wie man diese Kauferfahrung aus dem stationären Handel in den Produktbildern widerspiegeln kann. Eben genau das ist unser Job.

Unrealistische Darstellung enttäuscht die Erwartungshaltung

Welchen Einfluss haben die Bilder auf die Retourenquote?

Die Antwort ist simpel: Wenn die Bilder die Realität nicht widerspiegeln, hat der Kunde eine falsche Erwartungshaltung – und direkt landet das Produkt wieder in der Post. Das Schlechte daran ist: Retouren kosten die Händler immens viel Geld. Das Problem: Der Markt ist überflutet mit tausenden Händlern, die bei ihren Bildern nicht darauf achten, ob das Angebot und das, was der Endkunde sehen möchte, auch richtig dargestellt sind. Allerdings ist das mittlerweile ein absoluter Standard.

Händler sollten sich daher viel mehr damit beschäftigen, wie sie durch Marketing- und Verkaufspsychologie in den Bildern den Kunden so sehr in die Nutzung reinversetzen, dass er es gar nicht erst zurückschicken will.

Studien zeigen, dass ungenaue oder irreführende Produktbilder eine der Hauptursachen für Retouren sind. Besonders wichtig ist die realitätsgetreue Darstellung von Farben, Größen und Materialien. Wenn diese Aspekte klar vermittelt werden, lässt sich das Risiko von Retouren deutlich senken. Ein gutes Bild hilft dem Kunden also nicht nur beim Kauf, sondern auch dabei, es zu behalten.

Welche Kriterien und Metriken sollten Händler überwachen, um festzustellen, ob ihre Produktbilder zu hohen Retourenraten beitragen?

Klar ist: Händler müssen genau hinschauen, wenn die Retourenquote steigt. Das bedeutet, den Grund für Rücksendungen zu analysieren. Wenn Kunden sagen: „Das Produkt hat nicht meinen Erwartungen entsprochen“, dann ist das oft ein Hinweis darauf, dass die Bilder nicht das halten, was sie dem Kunden versprechen. Aber, mal ehrlich, eine richtige KPI, die die Rücksendungen direkt mit den Produktbildern verknüpft, gibt es noch nicht. Hier sind Profis gefragt, die den Zusammenhang erkennen. Wir brauchen nur 60 Sekunden, um zu sehen, ob die Bilder passen, oder eben auch nicht. Typischerweise verbessert sich die Retourenquote unserer Neukunden von ganz allein.

Produktbilder auf Amazon: Das sind die größten Fehler

Welche konkreten Fehler bei Produktbildern führen am häufigsten zu Rücksendungen?

Es gibt Klassiker, die immer wieder auftreten: falsche Größenangaben, ungetreue Farbdarstellung oder unzureichende oder irreführende Perspektiven. Zudem fehlen oft auch wichtige Details, wie Anschlüsse oder Materialstrukturen. Alles Dinge, die man im Laden anfassen oder händisch ausprobieren könnte. Unser Ansatz: Diese Details so präzise wie möglich in den Bildern zu zeigen, um dem Kunden eine realistische Erwartungshaltung mitzugeben.

Was sind also die wichtigsten Kriterien für Produktbilder, um Retouren zu vermeiden?

Im Prinzip ist die Antwort eine einfache Umkehr der vorherigen Frage: Vermeide die genannten Fehler, und die Retourenquote sinkt. Noch besser: Höre auf dein Kundenfeedback und optimiere die Bilder stetig. So stellst du sicher, dass die Erwartungen erfüllt werden und du langfristig nicht nur weniger Retouren hast, sondern auch bessere Bewertungen bekommst.

Vorgaben, Formate und Videos – das ist zu beachten

Welche spezifischen Amazon-Richtlinien für Produktbilder sollten Händler:innen beachten, um Rücksendungen zu vermeiden? Gibt es besondere technische Anforderungen?

Ganz kurz und knapp: Amazon hat bestimmte Standards in Bezug auf Format und Pixelgröße, um beispielsweise die Zoom-Funktion einwandfrei nutzbar zu machen – das ist allerdings der absolute Standard. Darüber hinaus gibt es aber keine direkte Verbindung zwischen Amazon-Richtlinien und der Retourenquote. Nochmal: Hier sind Erfahrung und ein geschultes Auge gefragt.

Wie wichtig ist Amazon Enhanced Brand Content (EBC) oder A+ Content, um die Wirkung von Produktbildern zu verstärken?

Stell dir vor, du läufst im Laden an einem großen Aufsteller vorbei, der dir alles über das Produkt erklärt – so funktioniert der Enhanced Brand Content auf Amazon. Es gibt dem Kunden die zusätzlichen Infos, die er vielleicht von einem Verkäufer im Gespräch bekommen würde. Besonders bei erklärungsbedürftigen Produkten ist das Gold wert und hilft, die Retourenquote zu senken. Viel wichtiger ist allerdings die Frage, wie der EBC aufgebaut sein muss in Kohärenz mit den Produktbildern, damit dieser zu einer niedrigeren Retourenquote beiträgt.

Welche Rolle spielen 360-Grad-Bilder oder Videos, um Retouren zu reduzieren?

Ich frage mal andersrum: Erinnerst du dich an die Vorführstände in deinem lokalen Supermarkt? Genau das Gefühl erzeugen Videos online: Wenn der Kunde sieht, wie ein Produkt funktioniert, gewinnt er Vertrauen. Ein Video zeigt oft mehr als ein 360-Grad-Bild, weil es auch die Anwendung oder den Aufbau erklärt. Und wenn der Kunde versteht, was er kauft, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass er das Produkt zurückschickt. Allerdings sollte zuerst die 7-teilige Bilderstrecke die Fragen des Kunden beantworten, bevor man zu aufwendigen Videoproduktionen übergeht – oder einfach gleich beides zusammen angehen.

Weihnachtsgeschäft: Mit minimalem Aufwand den Unterschied machen

Was sind mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft eure drei wichtigsten Tipps für die Produktpräsentation auf Amazon?

Ganz klar folgende drei konkrete Marketing-Maßnahmen:

  1. Ein Produkt zu optimieren – gar neu zu denken – erfordert meistens mehrere Monate mühselige Produktentwicklung. Die Frage so kurz vor Weihnachten lautet daher: Mit welchen kurzfristigen Maßnahmen, die nur minimalen Aufwand erfordern, kannst du einen entscheidenden Unterschied in deiner Nische machen? Meine Antwort lautet: über geschickte Marketing-Maßnahmen. Analysiere deinen Markt und evaluiere, wo deine Konkurrenten schlafen, um deine Produkte visuell oder textlich herauszustechen zu lassen.
  2. Wer kennt es nicht: Die goldenen Osterhasen mit dem roten Glöckchen-Band um den Hals sind schon ab Ende Januar im Supermarkt-Regal zu finden, die Schoko-Weihnachtsmänner schon im September. Überarbeite deine Produktbilder vor der Weihnachtssaison, um dein Produkt frühzeitig auf die winterliche Saison anzupassen. Auf diese Weise kann man die besonders frühen Geschenke-Einkäufer abholen. Gerade Verkäufer von Lifestyle-, Haushalts- und Deko-Produkten, welche sich als Geschenk eignen, sind meiner Meinung nach verpflichtet, die Bilder saisonal anzupassen.
  3. Nach Weihnachten ist vor Weihnachten: Lege deine Betriebsblindheit ab und lerne deinen Markt neu kennen. Überlege dir, wie du dein Produkt optimieren und deine Bilder gestalten würdest, wenn du HEUTE in deinen Markt eintreten würdest. Frage dich selbst: Was würdest du anders machen? Welche Anbieter machen ehrlicherweise einen besseren Job? Ist es vielleicht auch für deine Produkte an der Zeit für ein Upgrade im neuen Jahr?

Vielen Dank für das Gespräch!

Ihr habt Fragen an Benjamin von Converts?

Wer noch mehr Details, Praxiswissen und Tricks zur optimalen Bebilderung und Präsentation von Produkten auf Amazon bekommen will, kann Benny und Converts live auf dem Amazon Seller Day am 25. Oktober 2024 in Leipzig erleben. Kommt vorbei!

Über Benjamin Schönle:

Benjamin Schönle, Converts Benjamin Schönle ist Mitgründer und Geschäftsführer bei Converts. Converts hat den Code für verkaufsstarke Produktbilder auf Amazon nachweislich mit über 800+ Projekten entschlüsselt: Sie wissen ganz genau, wie Interessenten durch die richtige Bildpsychologie zu Kunden auf Amazon werden und wie die richtigen Produktbilder ein gutes Produkt zum Bestseller machen. Mittlerweile sind sie zum festen Ansprechpartner für Bestseller im deutschsprachigen Raum geworden.