Ein Seller gewann kürzlich den Kampf um ihr gesperrtes Amazon-Konto.

Amazon kann Händlern mit einem Fingerschnippen, oder besser gesagt mit wenigen Klicks, das Leben schwer machen: Verstößt ein Händler gegen die Spielregeln des Konzerns, kann dies nämlich eine Sperrung des Kontos zur Folge haben. Neben dem Umstand, dass damit eine Einnahmequelle wegbricht, wird oft auch noch das Guthaben eingefroren. So erging es auch einem Sellers. 

Sperrung nicht nachvollziehbar

Natürlich ist es nachvollziehbar, dass Amazon gegen Händler vorgehen muss, die sich nicht an die Spielregeln halten. Unzuverlässige Händler sollten daher von der Plattform entfernt werden. Glaubt man den Geschichten einiger Händler, so ist der Ausschluss von der Plattform oft jedoch kaum nachvollziehbar. 

Ähnliches berichtet OHN mit Verweis auf die Kanzlei LHR: Die Produkte eines Händlers wurden gesperrt, das Konto gelöscht und das Guthaben eingefroren. Das wollte sich der Händler allerdings nicht gefallen lassen und bemühte die deutsche Justiz.

Begründung durch Textbausteine

Das Landgericht Mühlhausen (Beschluss v. 29.6.2020, Az. HK O 26/20) stellte sich auf die Seite der Händlerin und erließ eine einstweilige Verfügung gegen Amazon: Für das Gericht sei nicht ersichtlich gewesen, warum das Konto gesperrt wurde. Als Begründung habe der Seller lediglich nichtssagende Textbausteine erhalten.

Da eine Kontensperrung ein schwerwiegender Eingriff in das unternehmerische Schaffen ist, muss dieser Eingriff aber sorgfältig geprüft und begründet werden. Das Gericht jedenfalls sah in der Sperrung ein Ausnutzen der marktbeherrschenden Stellung und ordnete an, es zu unterlassen, das Konto der Sellerin zu sperren, Produkte zu löschen und das Guthaben einzufrieren. Kommt Amazon dieser Anordnung nicht nach, droht ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 Euro. Auch eine Ordnungshaft ist möglich.  

Update vom 22. Juli

Amazon selbst wollte sich auf Nachfrage nicht zum Fall äußern. Allerdings gibt es ein Update der Kanzlei LHR: Amazon hat die Annahme der Inkenntnissetzung am Standort in München verweigert. Doch: Was bedeutet das? Um es mit den Worten der Kanzlei zu sagen: „Der Versuch ist jedoch nicht nur plump, sondern auch völlig sinnlos.“ Damit eine einstweilige Verfügung wirksam wird, muss sie zugestellt werden. Das wäre im Falle von Amazon der Standort in Luxemburg. Bei ausländischen Unternehmen ist es aber durchaus üblich, diese auch noch auf anderem Weg in Kenntnis zu setzen, damit sie wissen, dass da etwas auf sie zukommt. Die Verweigerung in München dürfte sich daher nicht auf das Verfahren auswirken.