Amazon steht wegen Arbeitsunfällen in der Kritik und will nun gegensteuern.

Immer wieder wurden die Arbeitsbedingungen in den Logistiklagern von Amazon kritisiert – etwa aufgrund vermeintlich niedriger Löhne, massiver Überwachung, enormen Zeitdrucks oder Überlastung. Aktuell stehen dabei vor allem Arbeitsunfälle im Fokus, denn eine Studie von Gewerkschaften hatte angeprangert, dass Mitarbeiter bei Amazon fast zweimal so häufig Arbeitsunfälle erleiden wie in anderen Unternehmen, schreibt der Spiegel.

Amazons Lagerarbeiter: Häufiger verletzt und längere Genesung

„Die Besessenheit des Unternehmens von der Geschwindigkeit hat einen hohen Preis für die Belegschaft von Amazon“, schreibt das Strategic Organizing Center, eine Organisation, die von Gewerkschaften gegründet wurde, auf ihrer Website zum Vergleich von Amazon-Verletzungsraten mit anderen Arbeitgebern. 

Laut ihrer Aussagen werden die Amazon-Mitarbeiter „nicht nur häufiger verletzt, als in Nicht-Amazon-Lagern, sie werden auch schwerer verletzt. Im Jahr 2020 kamen auf 100 Amazon-Lagerarbeiter 5,9 schwerwiegende Verletzungen, die dazu führten, dass der Mitarbeiter entweder ganz der Arbeit fernbleiben musste (Ausfallzeit) oder auf leichten oder eingeschränkten Dienst gesetzt wurde.“ Diese Rate an schweren Verletzungen sei im vergangenen Jahr rund 80 Prozent höher gewesen als bei anderen logistischen Arbeitgebern.

Und die Kritik reicht noch weiter: Denn jene Mitarbeiter von Amazon, die im Rahmen ihrer Arbeit verletzt worden seien, benötigten demnach auch mehr Zeit für ihre Genesung. Bei Amazon lag die Zahl der Freistellungstage aufgrund von Arbeitsunfällen im Schnitt bei 46,3 – was rund eine Woche länger ist als der Durchschnittswert der Erholungszeit nach Unfällen in der Lagerbranche. Auch die Gesamtverletzungsrate war 2020 demzufolge mehr als doppelt so hoch wie beispielsweise beim Konkurrenten Walmart: Bei Amazon habe sie bei 6,5 Prozent gelegen, während Walmart nur eine Rate von drei Prozent aufwies.

Amazon verlängert „unproduktive“ Zeiten für Mitarbeiter

Auf diese Kritik hat Amazon nun reagiert und angekündigt, gewisse Bedingungen in den USA zu lockern. Grundlage dieses Vorhabens seien Änderungen am sogenannten Time-off-task-System, mit dessen Hilfe Amazon die Produktivität der Mitarbeiter bei der Arbeit misst. 

In der Vergangenheit bestanden Vorwürfe, dass dieses System auch kleinste Pausen oder vermeintliche Untätigkeiten registriere und damit den Arbeitsdruck für die Angestellten massiv erhöht. Selbst für den Toilettengang sei den Mitarbeitern laut den Vorwürfen nicht genug Zeit eingeräumt worden. Zeitlicher und psychischer Druck dürfte auch das Gefahrenpotenzial in Logistikzentren vergrößern.

Auch Amazon räumte nun ein, dass das System unter Umständen falsch interpretiert werden könne. Daher wurde die Zeit für den Time-off-task im Schnitt verlängert. Allerdings seien keine genauere Angaben gemacht worden, wie viel Zeit mehr die Mitarbeiter nun hätten bzw. wie genau die Änderungen aussehen.

Die Anpassungen des Time-off-task-Systems sind übrigens nicht die einzigen Neuerungen. Amazon hatte zudem angekündigt, auch die Drogenrichtlinien in den USA anzupassen und zum einen einige Mitarbeiter nicht mehr standardmäßig auf Marihuana-Konsum zu testen und sich zum anderen auch für die Legalisierung von Marihuana einzusetzen.