Der Online-Riese Amazon versucht mit aggressivem Recruiting junge und talentierte Studenten bereits in der ersten Semesterwoche für sich zu gewinnen. Unis und andere Unternehmen sind von diesem Vorgehen genervt und fordern Konsequenzen.

Um bei der Suche nach talentierten Arbeitskräften die Nase vorn zu haben, verschwendet Amazon beim Recruiting keine Zeit und versucht sich bereits bei jungen Studenten beliebt zu machen. Schon in der ersten Semesterwoche schickt der Online-Riese seine Recruiting-Armee an die US-Wirtschaftshochschulen und buhlt dort um die besten Talente. Das ist nicht nur den Universitäten ein Dorn im Auge, auch andere Unternehmen sehen sich durch dieses aggressive Verhalten im Nachteil. Einige Unis drohen jetzt sogar mit harten Konsequenzen.

Hausverbot für Amazon

Scott DeRue, Dekan der Ross School of Business in Michigan, hat sich in einem Artikel des Wall Street Journals jetzt ausgiebig über die Methoden von Amazon beschwert. Er selbst erwäge sogar ein Hausverbot für den Online-Händler an seiner Institution, denkt aber nicht, dass dies den gewünschten Erfolg erzielen könnte. „Es ist beinahe unmöglich. Selbst wenn wir ihnen den Zutritt zu einem akademischen Gebäude verbieten - dann sind sie eben in Restaurants und Coffee Shops auf der anderen Straßenseite“, wird er im Manager Magazin zitiert. Noch bevor die Studenten ihre ersten Vorlesungen überhaupt hatten, buhlt Amazon schon um die Talente und versucht geeignete Kandidaten für Praktika zu finden. Und das oft mit Erfolg, wie die Gründerszene weiß, denn die Studenten entscheiden sich wegen der besseren Work-Life-Balance oft für den Versandhändler anstatt einer der Wall-Street-Firmen. DeRue fordert deshalb, derartige Werbemaßnahmen erst nach der ersten Semesterwoche durchzuführen.

Berater von Amazons Vorgehen genervt

Mittlerweile zählt Amazon zum beliebtesten Praktikumsunternehmen an den renommierten Wirtschaftsschulen wie der Universität Berkeley oder dem Massachusetts Institute of Technology (MIT). Doch nicht nur die Universitäten stören sich am Verhalten des Online-Giganten, auch Beratungsunternehmen sind zunehmend genervt. Dazu zählt beispielsweise auch der Strategieberater Bain & Company. Das Unternehmen soll jährlich an die 500 MBA-Absolventen benötigen, hat durch das aggressive Vorgehen von Amazon aber Schwierigkeiten, diese Stellen auch alle zu besetzen. Warum der US-Konzern so beliebt bei den Studenten ist, kann Recruiting-Chef Keith Bevans allerdings weniger verstehen. „Zum besten Lebensmittelladen der Welt zu gehen macht Sie doch nicht zu einem besseren Koch“, fasst der die Thematik zusammen.