Abmahnungen sind so alt wie der E-Commerce selbst. Dass man mit ihnen mehr oder weniger leben muss, haben viele Verantwortliche akzeptiert. Über die letzte Dekade hinweg haben es jedoch einige auf die Spitze getrieben mit der Abmahnerei und dafür die rote Karte kassiert. Zu denken wäre da insbesondere an die Tausenden Ido-Abmahnungen oder die unzähligen Schreiben wegen der Verwendung von Google Fonts, die vor zwei Jahren eine Abmahnflut hervorriefen und schließlich in einem Ermittlungsverfahren gegen den Anwalt selbst mündeten. Einen darf man beim Thema Abmahnmissbrauch aber auch nicht vergessen: Rechtsanwalt Gereon Sandhage. 

Fakeshops: Sandhage wegen Sittenwidrigkeit verurteilt

Immer wieder haben wir darüber berichtet, dass Rechtsanwalt Sandhage abmahnt und dafür jedoch seit einer Weile Gegenwind spürt. Das hat ihn jedoch nicht davon abgehalten, seine Tätigkeit weiter auszuüben. Nun sind, was insgeheim viele Online-Händlerinnen und -Händler ein bisschen freuen dürfte, auch die Strafermittlungsbehörden auf den Rechtsanwalt aufmerksam geworden. 

Der Anwalt, die Berliner Zeitung spricht von einem sogenannten „Gereon S.“, steht nun sogar vor Gericht, weil er zwischen 2018 und 2023 in 28 Fällen betrügerische Abmahnschreiben an Online-Händlerinnen und -Händler verschickt haben soll. Diese Abmahnungen sollen Zahlungen von bis zu 1.800 Euro verlangt und ein Wettbewerbsverhältnis vorgetäuscht haben, um die Angeschriebenen wegen angeblicher Rechtsverstöße abzumahnen. Grund der Schreiben waren die bekannten Klassiker wie ein lückenhaftes Impressum, Verstöße gegen das Verpackungsgesetz oder fehlende Maßnahmen zum Jugendschutz.

Mutmaßlicher Betrug durch Mahnschreiben

Rechtsanwalt Sandhage bestreitet laut BZ die Vorwürfe und betont seine langjährige Erfahrung als Anwalt. Die Echtheit der Online-Shops der Abmahnenden habe er selbst geprüft. „Der Vorwurf, dass die Shops meiner Mandanten nur geschaffen wurden, um Anwaltsgebühren zu erlangen, ist unrichtig“, verteidigt sich Sandhage. 

Zum Prozess waren Zeuginnen und Zeugen aus ganz Deutschland und dem Ausland geladen. Eine Zeugin berichtet, wie sie mehrfach Abmahnungen erhielt und schließlich aus Angst die geforderten Beträge zahlte. „Ich hatte Angst, zu meinem Briefkasten zu gehen“, teilt die Frau dem Richter mit. Erst nachdem sie sich beim Händlerbund beraten ließ und Anzeige erstattete, hätten die Abmahnungen aufgehört. Ein Urteil wird für den 20. August erwartet.

Kann ich meine Sandhage-Abmahnung jetzt schreddern?

Jedenfalls gilt für alle Betroffenen einer Abmahnung aus dem Hause Sandhage jetzt erst recht, diese anwaltlich auf ihre Berechtigung und einen möglichen Rechtsmissbrauch hin prüfen zu lassen. Derzeit sind uns zwar keine neuen Schreiben bekannt, das muss jedoch nicht so bleiben. Auch alte Unterlassungserklärungen und ggf. Vertragsstrafenforderungen sind mit anwaltlicher Unterstützung zu prüfen.

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